fullscreen: Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte

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Karl VI. hatte keine Söhne, und seine größte Sorge war die, 
seiner einzigen Tochter Maria Theresia die ungeschmälerte Erb¬ 
schaft der österreichischen Lande zuzuwenden, -hach dem geltenden 
Rechte hätte die Tochter die Herrschaft nicht erben können; gleich¬ 
wohl setzte der Kaiser sie durch ein besonderes Gesetz, das man 
die pragmatische Sanktion nannte, zur Erbin ein. Mit großen 
Mühen und Opsern bewog er die Fürsten des deutschen Reiches 
und der übrigen europäischen Länder zur Anerkennung der prag¬ 
matischen Sanktion und zu dem Versprechen, dieselbe nach fernem 
Tode ausrecht zu erhalten. _ m . 
Der Prinz Eugen von Savoyen legte aus diese Versprechungen 
sehr wenig Wert; er meinte, ein tüchtiges Heer von 100000 
Mann wäre besser als alle pragmatischen Sanktionen. Beim 
Tode des Kaisers zeigte sich, daß der Prinz richtig geurteilt hatte. 
Kaum hatte der Kaiser die Augen geschlossen, so erhob der Kur¬ 
sürst Karl Albrecht von Bayern, der die pragmatische Sanktion 
nicht anerkannt hatte, Ansprüche auf die deutschen Erblande des 
Kaisers, und Friedrich II. von Preußen, der eben die Regierung 
angetreten hatte, besetzte Niederschlesien. Von allen Fürsten, 
welche die pragmatische Sanktion anerkannt hatten, stand nur 
König Georg II. von England zu Maria Theresia. Vom Könige 
von Frankreich mit Geld und Hilsstrnppen unterstützt, rückte 
Karl Albrecht in Oberösterreich und Böhmen ein und ließ sich 
in Prag zum böhmischen König krönen. Maria Theresia kam 
in die größte Not. Die Kassen waren leer, das Heer schwach 
und schlecht gerüstet. Gleichwohl verlor Maria' Theresia den 
Mut nicht. Nachdem sie in Preßbnrg als Königin von Ungarn 
gekrönt worden war, trat das ungarische Volksausgebot unter 
die Waffen, und aus allen österreichischen Landen zogen dem 
Heere Verstärkungen zu. Bald wurden die Franzosen und Bayern 
aus Böhmen verjagt und der größte Teil von Bayern samt der 
Hauptstadt München von den österreichischen Trappen besetzt. 
Inzwischen war Kurfürst Karl Albrecht zum deutschen Kaiser 
erwählt und in Frankfurt als Karl VII. gekrönt worden. Er 
trug aber nur drei Jahre die Kaiserkrone, und nach seinem Tode 
1745 machte sein Sohn Friede mit Maria Theresia, indem er 
auf das österreichische Erbe verzichtete. Der Gemahl Maria 
Theresias, Herzog Franz Stephan von Lothringen, wurde im 
nämlichen Jahre zum deutschen Kaiser gewählt. An Friedrich II. 
von Preußen mußte Maria Theresia, nachdem zwei Feldzüge in 
Schlesien unglücklich sür sie verlausen waren, im Frieden von 
Dresden (1745) Schlesien und die Grasschast Glatz abtreten. 
Mit den übrigen Feinden wurde erst im Jahre 1748 zu Aachen 
der Friede geschlossen, der dem österreichischen Erbsolgekriege 
ein Ende machte.
	        
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