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31. Nürnberg und seine Knnst.
stimmungsvoller Übergang zu der Stadt selbst ein unentwirrbarer Kranz alter
Häuser die Abhänge des Burgberges. Obwohl in mehreren Jahrhunderten
auf dem Burgfelsen gebaut wurde und obwohl verschiedene Herrscher dort
oben gewohnt haben, macht das Bild doch einen einheitlichen Eindruck.
Von der Wohnung, in welcher die Burggrafen von Nürnberg aus dem
Hause Hohenzolleru einst walteten, ist wenig mehr zu sehen. Mit der eigent¬
lichen Kaiserburg, die von Kaiser Friedrich Barbarossa angelegt wurde, aber
ständig bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts und dann sogar in der neuesten
Zeit Veränderungen erfuhr, haben sie, deren Aufgabe es war als Amtmänner
im Namen des Kaisers die Oberaufsicht über die Stadt zu führen, nichts zu
tun gehabt. Ein Zeuge der vielen Streitigkeiten zwischen ihnen und Nürn¬
bergs Kriegern steht heute noch. Es ist der östliche Wachtturm, der Lugins¬
land, der nur zu Beobachtungszwecken erbaut worden ist. An diesen stößt die
Kaiserstallung, wie der Name deutet, der Aufenthaltsort des kaiserlichen
Marstalles auf die Dauer des Hoflagers, ein ehemaliges Heumagazin. Daneben
ragt das älteste Baudenkmal Nürnbergs, der fünfeckige Turm, ein weinlaub-
itnfc) efeuumranfter, an taufend Jahre alter Geselle, über dessen Errichtung
keine Chronik berichtet. Dafür hat sich die Sage feiner bemächtigt; sie läßt
ihn gar in der Römerzeit, unter Neros Herrschaft (Neroberg — Nürnberg) gebaut
fein. Sie behauptet weiter, daß hier von dem freien Platz ans der fränkische
Raubritter Eppelein von Gailingen mit kühnem Sprung über Mauer und
Graben gefetzt fei. Wahrscheinlicher klingt die Erzählung, nach welcher die
nunmehr verdorrte Linde im Burghofe von Kunigunde, der Gattin Kaiser
Heinrichs des Heiligen, gepflanzt worden ist. Genaueste Aufzeichnungen fetzen
für die Vollendung des Sinwellturmes, der vor dem Eingang in die eigentliche
Burg als schlanker Rundbau kühn in die Hohe strebt, das Jahr 1561 an.
In den nächsten, den Margareten- oder Heidenturm, sind die übereinander
gelegenen Burgkapellen eingebaut.
Gleichwie die Burg ständigen baulichen Veränderungen unterworfen war,
als deren Folge die Zerstörung der meisten aus der ersten Epoche der Ban-
arbeit stammenden Reste zu betrachten ist, so wurde, veranlaßt durch die Ver¬
größerung der Stadt, auch ihr Mauergürtel mehrfach verlegt und erweitert.
Von den Befestigungen der ältesten Zeit ist nur wenig mehr zu feheu.
Dagegen blieb die zweite Anlage, aufgeführt am Beginne des 14. Jahrhunderts,
fast ganz erhalten. Bei den Wanderungen in der Innenstadt gibt gerade sie,
welche bei dem Henkersteg und dem anstoßenden Weinstadel zu einer künstlerisch
einheitlichen, oftmals abgebildeten Gruppe sich zusammenschließt, die getreulichfte
Anschauung alter Zeiten. Der dritte, äußerste, doppelt ausgeführte Mauerkranz
mit feinen Gängen und Türmchen, mit so vielen malerischen Einzelheiten und
Unregelmäßigkeiten, wurde einst durch vier mächtige Haupttürme neben den
vier Stadttoren (Frauentor, Spittlertor, Lausertor, Neues Tor) geschützt.
Diese wuchtig drohenden, kunstlosen Kraftgeftalten, die als Wahrzeichen