34. Herzog Wilhelm V. von Bayern als Kunstfreund.
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Und als Sustris nach schwerem körperlichen Leiden und vielen Bitter¬
nissen in seiner Familie im Jahre 1599 die Augen schloß, da sorgte Wilhelm V.
nicht nur großmütig für die letzten Lebenstage der Witwe, er trat gleichsam
auch das künstlerische Vermächtnis des Verstorbenen an und nahm dessen
Schwiegersohn in seine persönlichen Dienste. Und des Fürsten Privatarchitekt
und Kunstintendant ist Hans Krnmpper bis znm Jahre 1609 geblieben, um
dann bei Herzog Maximilian als Baumeister der Münchener Residenz an
erste Stelle zu rücken.
Diese treue Anhänglichkeit an jene, die ihm redlich und mit bestem
Können gedient, ist der schönste Zug im Bilde Herzog Wilhelms als Kunst¬
freund und mit das Geheimnis seines Erfolges. Wen er einmal ins Herz
geschlossen hatte, an dem hielt er fest und kein noch so scharfer Widerstand
seiner Beamten machte ihn mehr wankend in feiner Überzeugung. Seine
Künstler konnten sich auf ihn verlassen wie er auf sie.
Auf diesem gegenseitigen Vertrauen beruhte das selten harmonische
Zusammenarbeiten dieses Kreises, der in den gleichen künstlerischen Anschau¬
ungen herangewachsen war und dessen geistigen Mittelpunkt eben das Sustris-
haus bildete, wo in herzlicher Freundschaft ebenso Peter Candid verkehrte
wie bessert scharfer Konkurrent bei den Malereien der Michaelskirche und des
Grotteuhofes, der welsche Pittore Antonio Maria Vianino, der Sustris'
zweite Tochter Livia heimführte und im Jahre 1592 von München ans als
oberster Baumeister nach Mantua an den Hof der Gonzaga berufen wnrde.
Doch auch Wilhelms V. weniger gute Eigenschaften in feiner Kunftpflege
dürfen nicht verschwiegen werden. Vor allem, daß er kein Rechner war.
Denn unähnlich hierin einem anderen Wittelsbacher, unserem zielbewußten uud
sparsamen Könige Ludwig I., der mit Stolz von sich rühmen durfte, daß er
nie einen Bau in Angriff genommen ohne für die Zahlung des letzten Steines
Sorge getragen zu haben, unähnlich auch feinem eigenen Sohne Kurfürst
Maximilian, der sein Wollen nur auf das nach den verfügbaren Mitteln
Erreichbare beschränkt, das Begonnene aber mit unbeugsamer Energie zu Ende
führt, schrittweise und wohlbedacht, spielt bei Herzog Wilhelm die Koftenfrage
überhaupt feine Rolle. Und noch ein weiterer, für einen Kunstsammler wie
für einen Bauherrn höchst bedenklicher Nachteil war ihm eigen: es fehlte
seinem Beginnen an Planmäßigkeit und Stetigkeit. Ein Projekt jagte das
andere und nur selten kam etwas zu glücklichem Abschlüsse.
Eine glänzende Ausnahme, wenngleich der Turm nicht vollendet ist,
bildet nur die Münchener Michaelskirche mit dem anstoßenden Jesuiten-
kolleginm, doch dürfte das Verdienst hieran zu nicht geringem Teile der
Gesellschaft Jesu zufallen.
Und in allem, was er tat und plante, lag bei Wilhelms beschaulicher
und grüblerischer Natur stets die Gefahr nahe, daß sein anfangs über¬
schäumender Eifer im Kleinen und Kleinlichen zerflatterte.