Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

34. Herzog Wilhelm V. von Bayern als Kunstfreund. 
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Jahre 1597, und weiter bis zum Abschlüsse seines Lebens in Schleißheim 
draußen am 7. Februar 1626, ist die unbeengte Verwertung des Errungenen. 
In Friedrich Sustris hatte er den hochbegabten, verlässigen und treuen 
Mitarbeiter zur Durchführung seiner künstlerischen Absichten gewonnen und 
in den trüben Erfahrungen mit den Beamten Herzog Albrechts, die allen 
Plänen des Meisters hemmend und voll Hochmut entgegengetreten waren, die 
felsenfeste Überzeugung, daß er diese Absichten nach seinem Sinne nur ver¬ 
wirklichen könne durch einen entschiedenen Bruch mit der bisherigen Bau¬ 
bureaukratie des Herzogtums. Nun, da er alleiniger Herr geworden im Bayern¬ 
lande, sollte auch sein Sustris als wirklicher Künstler schaffen dürfen, frei und 
unbeeinflußt. 
Es erfolgt die Einrichtung eines eigenen Bauamtes, das seine Weisungen 
unmittelbar und ausschließlich vom Fürsten erhält und an dessen Spitze 
Sustris tritt. Zu feinem Geschäftskreise gehören lediglich die Bauten, die 
der persönlichen Initiative Wilhelms ihre Entstehung verdanken und sozusagen 
seine Privatunternehmungen sind. Zunächst der „Neue Garttenpaw im Jäger- 
gößl", dessen Überreste den Grottenhof der Residenz u ms affen und wo die 
Arbeiten bereits im Juli 1581 ihren Anfang nehmen und die Michaelskirche, 
deren Grundstein der Herzog in feierlicher Weife am 18. April 1583 legt. Das 
bisherige sogenannte Hofbauamt, dem seit dem Jahre 1587 der aus Augsburg 
berufene Wendel Dietrich vorsteht, ist hiermit aus dem Kunstbetriebe Herzog 
Wilhelms ausgeschaltet. Es bleibt wie bisher der Hoskammer als oberster 
Baubehörde unterstellt und erledigt die Obliegenheiten des heutigen Land- und 
Flußbauamtes. 
Wenn Weudel Dietrich also am Ban der Münchener Michaelskirche 
teilnimmt, so tut er es, modern gesprochen, lediglich als der den technischen 
und administrativen Teil der Bauführung leitende und überwachende Ministerial- 
kommissür. In künstlerischen Fragen lag die Entscheidung bei Sustris. 
Um aber auch nach außen hin Über die Stellung der beiden Meister 
zueinander jeden Zweifel unmöglich zu machen erließ Wilhelm V. unterm 
26. Juli 1587, also genau beim Eintritt Dietrichs in bayerische Dienste, ein 
Dekret, in welchem er ausdrücklich erklärte, daß Sustris „wie bisher, Rechter 
vnnd Obrister Pauinaifter hatßert, auch sein vnnd bleiben solle", daß er alle 
„Intentionen, disegna vnnd außthailung machen vnnd alle ding beuelchen 
vnnd angeben" und „Jme alle Maler, Scolptori vnnd Handwerchslent 
gehorsamb sein vnd Ir Jeder sein Arbeit, nach seinem beuelch, angeben vnd 
haiffeu" zu verrichten und zu machen habe. 
Wendel Dietrich ist also zu ganz unverdientem Ansehen gelangt, als man 
in ihm den langgesuchten Meister der Michaelskirche gefunden zu haben glaubte. 
Diese Ehre gebührt Friedrich Sustris. 
Jetzt heben sonnige Tage an für die Münchener Kunst, eine blütenfchwere 
Zeit beginnt, durch deren freudiges Planen und Schaffen es hindurchzieht wie
	        
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