Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

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3. Die vorgeschichtliche Zeit des Landes. 
und Jagd wurden eifrig gepflegt. Außer dieser durch die Notdurft des 
Lebens gebotenen Tätigkeit hat sich aber auch das Bedürfnis wie der Sinn 
für eine Verfeinerung der Lebensführung entwickelt: reichlicher Schmuck in 
allen möglichen Formen aus Bein und Stein war in Verwendung, die Töpfer- 
gefchtrre wurden mit von Geweben entlehnten Motiven in mannigfaltigster 
Weise verziert, die Formen der Waffen und Geräte nahmen künstlerische Ge¬ 
stalt an, man begnügt sich nicht mehr den Stein nur zu schleifen, man bringt 
auch hier Verzierung durch eingeschliffene Linien und Kanten an. Dagegen 
fehlt jede Spur der vom Menschen der älteren Steinzeit geübten natura¬ 
listischen Kunst, dereu Kenntnis wieder verloren gegangen zu sein scheint. 
Auch in dem psychischen Leben ging eine gewaltige Veränderung vor sich, 
wenn sich auch naturgemäß hiervon nicht so deutliche Spuren erhalten haben 
wie vom mechanischen Leben. Während der „Wilde" der älteren Steinzeit 
seine Toten noch ohne Granen in seiner Wohnhöhle unter seiner Lagerstätte 
verscharrte, hatte der Mensch der jüngeren Steinzeit schon gesonderte Begräb¬ 
nisplätze, in denen er seine verstorbenen Sippen mit gewissen Gebräuchen und 
unter Beigabe von Geschenken, von Schmuck, vou Gefäßen mit Lebensmitteln 
bestattete und so den Beweis dunkler Vorstellungen von einem Leben nach dem 
Tode gab. 
In der Hauptsache sehen wir also schon jetzt die Kultur der Vorzeit in 
ihren Grundzügen ausgeprägt. Der Gesamteindruck, deu die Ansiedelungen der 
jüngeren Steinzeit machen, ist ein freundliches, arbeitssrendiges Lebensbild reger 
Schaffenslust nach allen Richtungen mit hellen Lichtblicken in die sich hieraus 
entwickelnde Zukunft der Menschen. 
Es steht somit nach den Fnnden unumstößlich fest, daß es einst eine 
reine Steinzeit in Bayern wie in ganz Mitteleuropa gegeben hat. Diese um¬ 
faßte einen sehr langen, über mehrere Jahrtausende reichenden Zeitraum und 
es lass eit sich verschiedene Zeitabschnitte in aufsteigender Entwicklung unter¬ 
scheiden. Aber irgend einen Anhalt für die ethnologische Feststellung der Stein¬ 
zeitleute geben deren Überreste, wie sie bisher auf uns gekommen, nicht. Eine 
gewisse allgemeine Verwandtschaft aber muß wenigstens in Bayern bei der 
steinzeitlichen Bevölkerung geherrscht haben. Die wenigen somatischen sowie 
die zahlreichen mechanischen Überreste weisen ans ein körperlich mäßig ent¬ 
wickeltes Volk, von dem wir nicht wissen, ob es ans dem Boden des von ihm 
bewohnten Landes einheimisch oder dort eingewandert war. 
Aus die jüngere Steinzeit folgt bei uns wie in den Nachbarländern die 
sogenannte Metallzeit und zwar als deren erste deutlich abgegrenzte Stufe die 
Bronzezeit. Eine eigentliche Kupferperiode, die der Bronzezeit vorangegangen 
wäre, läßt sich für Bayern wenigstens an der Hand der Funde nicht nach¬ 
weisen, obwohl man nach der natürlichen Entwicklung eher annehmen müßte, 
daß Kupfer, der Hauptbestandteil der Bronze, ursprünglich allein verarbeitet 
wnrde, ehe man auf die Legierung dieses Metalls mit Zinn und damit auf
	        
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