121. Die Waffenstreckung bei Sedan.
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richtungen, erwiese es wie das unsere diesen Einrichtungen den Dienst der
Achtung und Verehrung, Hütte es einen Fürsten, der fest ans dem Throne
säße, so könnten wir an die Dankbarkeit des Kaisers und au die seines Sohnes
glauben und Wert legen aus diese Dankbarkeit; in Frankreich aber sind seit
80 Jahren die Regierungen so wenig dauerhaft, so buntscheckig gewesen, sie
haben so rasche und unberechenbare Wechsel durchgemacht, daß man in Ihrem
Lande auf nichts bauen kann und daß, wenn eine Nachbarnation ihre Hoff¬
nung auf die Freundschaft eines französischen Souveräns setzen wollte, dies
einfach Torheit sein würde, es hieße in die Lust bauen. Überdies wäre es ja
sinnlos sich einzubilden, Frankreich könnte uns jemals unsere Erfolge ver¬
zeihen. Sie sind ein reizbares, neidisches Volk, eifersüchtig und hochmütig bis
zum Übermaß. Seit 200 Jahren hat Frankreich dreißigmal an Preußen, (sich
verbessernd) an Deutschland den Krieg erklärt; und diesmal haben Sie ihn
uns erklärt, wie immer aus Eifersucht, weil Sie uns unsern Sieg bei Sadowa
nicht vergeben konnten, und doch hatte Sadowa Ihnen nichts gekostet und
konnte Ihren Ruhm nicht schmälern. Aber es schien Ihnen, als wäre der
Sieg ein Erbe, auf das außer Ihnen niemand ein Recht hätte, als wäre der
Wasienrnhm für Sie ein Monopol. Sie konnten nicht ertragen, daß an
Ihrer Seite eine Nation erstand, ebenso stark wie Sie. Sadowa haben Sie
uns nicht verziehen, wo weder Ihre Interessen noch Ihr Ruhm im Spiele
waren. Und Sie sollten uns Ihren Zusammenbruch bei Sedau vergeben?
Niemals! Wenn wir jetzt Frieden machten, so würden Sie in fünf, zehn
Jahren, sobald Sie könnten, den Krieg von vorne beginnen. Das wäre die
ganze Dankbarkeit, die wir von der französischen Nation zu erwarten hätten!
Im Gegenfatz zu Frankreich sind wir eine rechtschaffene und friedliebende
Nation, die niemals Eroberungslust in Versuchung führt und die nichts anderes
möchte als im Frieden leben, wenn Sie nicht beständig mit Ihrem Hange zum
Streit und Übergriff dazwischen kämen. Heute ist es endlich genug. Frank¬
reich muß gezüchtigt werden für seinen Dünkel und für seinen ewig friedlosen
Angriffsgeist. Endlich wollen wir die Sicherheit unserer Kinder festlegen und
dazu brauchen wir ein Glacis zwischen Frankreich und uns; wir brauchen ein
Land, Festungen und Grenzen, die uns für immer gegen jeden Überfall von
seiner Seite sicherstellen."
Der General Wimpffeu widersprach: Die französische Nation sei nicht
mehr, was sie im Jahre 1815 gewesen und dürfe nicht beurteilt werden nach
den Versen einiger Dichter und den Artikeln einiger Zeitungsschreiber. Dank
dem Wohlstände, den das Kaisertum verbreitet, hätten sich jetzt alle Kopse
auf Spekulation, Geschäfte, Gewerbe und Künste geworfen. Jeder wolle sein
persönliches Behagen steigern und denke an sein Sonderinteresse mehr als an
den Ruhm. Man sei in Frankreich ganz bereit die Verbrüderung der Völker
auszurufen. Welch ein Erbhaß habe nicht zwischen Frankreich und England
geherrscht und wo sei der hingekommen? Seien die Engländer heute nicht die