— 12 -
Stellung. Die Zunftmeister nahmen keinen wendischen Lehrling an. Wurde
einem Wenden dennoch der Betrieb eines Handwerks gestattet, so mußte er
sich als ungünstig durch das Beiwort „Wendt" kenntlich machen, z. B. Wendt-
schmied, Wendtschlächter. Außerdem wurden die Wenden auf kleine, ungesunde,
schmale Straßen beschränkt.
3. Die Ritter. - Unter dem Adel erhielt sich das Wendentum am
längsten. Erst allmählich verschwanden die alten wendischen Geschlechter
neben den deutschen Rittern, welche in großer Zahl ins Land kamen und
Lehen empfingen. Um seine Herkunft zu verbergen, vertauschte mancher
wendische Ritter seinen Namen mit einem deutschen oder nannte sich nach
seinem Gute oder Wappen. Während der Westen des Landes sich hauptsächlich
mit Bauern bevölkerte, siedelten sich die deutschen Ritter vorwiegend im Osten
an. Deshalb enthält noch heute der westliche Teil Mecklenburgs mehr Bauern,
dörfer, der östliche mehr adlige Höfe.
4. Das Land Stargard. — Das Land der Redarier, das heutige
Mecklenburg-Strelitz, wurde nicht wie das Obotritenland von Westen aus,
von den sächsischen Herzögen, sondern von Süden her, von den Branden¬
burgern, besiedelt. Das Land nahm den Namen Stargard nach der
Burg gleichen Namens an. Die ersten Städte waren Friedland (1244) und
Neubrandenburg (1248). An Klöstern war nur eins vorhanden, Broda.
\10. Keinrich I., der Pilger. 1264—1302.
1. Heinrichs I. Frömmigkeit. — Heinrich I. war ein Ururenkel Pribislavs.
Schon bei Lebzeiten seines Vaters Johann, dessen frommen Sinn er geerbt
hatte, unternahm er einen Kreuzzug gegen die heidnischen Litthauer und
erwarb sich den Ruhm großer Tapferkeit. Zur Regierung gekommen, fühlte
er seinen frommen Eifer durch zahlreiche Schenkungen an die Kirche und ihre
Diener nicht befriedigt. Es war seines Herzens brennende Sehnsucht, nach
Palästina zu pilgern und am Grabe des Heilands zu beten.
2. Die Pilgerfahrt. — Im Jahre 1271 trat Heinrich, von seinem
treuen Knappen Martin Bleyer begleitet, seine Wallfahrt an. Für die
Zeit seiner Abwesenheit hatte er seiner Gemahlin Anastasia die Regierung
übergeben und ihr zwei erprobte Männer, Dietrich von Oertzen und Heim)
von Strahlendorf als Räte zur Seite gestellt. Bis Akkon ging die Reise
glücklich von statten. Hier übergab der Fürst seine Kleinodien den deutschen
Ordensrittern zur Aufbewahrung und strebte mit seinem Begleiter Jerusalem
u. Es war ihm nicht beschieden, sein Ziel zu erreichen.
3. Die Gefangenschaft. — Auf dem Wege von Akkon nach Jerusalem
wurde der fromme Fürst samt seinem Begleiter von den Sarazenen gefangen
genommen und nach Kairo gebracht; hier warf man beide in ein elendes
Gefängnis. Martin Bleyer lernte Bysius- und Purpurtücher weben, um
durch den Fleiß seiner Hände das harte Los des geliebten Fürsten zu mildern.
Vergeblich wartete Anastasia aus die Rückkehr ihres Gemahls; 26 Jahre
schmachtete dieser in der Gefangenschaft. Kein Mittel zu seiner Befreiung
blieb unversucht; jede Aussicht auf Rettung schwand dahin.
4. Die Heimkehr. — Erft als 1297 ein neuer Sultan den ägyptischen
Thron bestieg, erlangte der fromme Dulder feine Freiheit wieder. Es war
am Weihnachtsabend, als man ihm die Pforte seines Gefängnisses öffnete.