Full text: Das Mittelalter (Teil 2)

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Städten 1377, den Sohn des Greiners, Ulrich, bet Reutlingen 
gänzlich zu schlagen. Infolgedessen stieg die Zahl der Bundesmitglieder 
rasch, schon im nächsten Jahre umfaßte die Einigung 89 Städte. Mit der 
Eidgenossenschaft der Schweizer, mit dem rheinischen Städtebnnde, ja selbst 
mit der Hansa hatten die Schwaben Fühlung, im Notsall durfte man auf 
die Hilfe dieser Genossenschaften hoffen. König Wenzel begünstigte ini 
Anfange seiner Regierung die Städte, ja er ging mit ihnen Verträge ein, 
in denen er ihnen ihre Freiheiten bestätigte, später aber trennte er sich 
von ihnen und verband sich mit den Fürsten, die ihm doch eine bessere 
Stütze zu sein schienen. Die Adelsgesellschaften, der Löwenbund in 
der Wetterau, der Bund der Hörner in Heften, der Georgsbund, der 
Bund der Schlegler und der Bund der Wilhelmsritter in Schwaben 
waren den Bürgern zunächst nicht gefährlich, denn sie wahrten ihre 
Selbständigkeit ebensowohl ben Fürsten als den Städten gegenüber, aber 
auch sie traten später in den Dienst der Landesherren und halsen diesen 
die Städte überwinden. Dazu kam, daß die Bürgergemeinden durch 
Ausstände in ihrer Mitte gelähmt waren. Anfangs lag das Regiment 
in den Händen der „Geschlechter", das ist der Familien der Patrizier, 
die viel Grundbesitz hotten und Großhandel trieben. Sie saßen im 
Rat, verwalteten die Einkünfte der Stadt, ohne Rechenschaft zu geben, 
verhandelten mit den Fürsten, führten Kriege und schloffen Frieden, 
ohne jemand zu fragen. Dies wollten die „Zünfte" nicht leiden, auch 
sie forderten ihren Anteil an der Regierung. Wenn, wie es in Kriegs- 
zeiten öftery der ^all war, das „Uitgeld", d. i. die Verbrauchssteuer 
und die Zölle, nicht mehr hinreichte und der Rat zu direkten Auflagen 
feine Zuflucht nahm, dann erhoben sich bie Handwerker und verjagten 
die Obrigkeit. So geschah es in Speier, in Straßburg, in Mainz und 
Basel. Die Zünfte ruhten nicht, bis neben den Geschlechtern Ange¬ 
hörige ihres Standes Ratsherren waren. Nur in den nordischen 
Städten, wo alles vom Großhandel abhing, behaupteten sich die Pa¬ 
trizier im Besitze der Macht. Wo die Zünfte das Übergewicht erhielten, 
hörte die politische Bedeutung der Stadt auf, denn die biedern Hand¬ 
werker hatten nicht die Umsicht und den Weitblick der vornehmen 
Herren, auch nicht deren Thatkraft und Geschicklichkeit im Verkehr 
mit den Höchstgestellten, und sie scheuten die Kosten eines großen 
Krieges, der ihnen außerdem den friedlichen Erwerb störte. So ge¬ 
hemmt von innen und außen konnten die schwäbischen Städte mit den 
Fürsten, die alle Hilfsmittel ihrer Länder in ihrer Hand bereinigten 
uni) rücksichtslos auf die Erweiterung ihrer Herrschaft verwandten, 
nicht wetteifern, ja sie mußten sehen, daß die Bauern- und Hirten- 
gemeinden in der Schweiz mehr ausrichteten als sie.
	        
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