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und fragte wieder, diesmal auf französisch: „Madame, wo ist das
Rathaus?" Das war freilich von der Friedrich- und Krausen¬
straßenecke sehr weit entfernt, und der Mutter ward bange, er
werde sie auffordern, ihm einen Wegweiser zu schaffen. Die
Magd war Gott weiß wo. Jeder, den man gerufen hätte, würde
sich höflichst für diesen Dienst bedankt haben. Indes der Mann
war so freundlich, daß ihm in weitläufigen Worten Bescheid er¬
teilt werden konnte.
Während der Unterhaltung hörten wir Trompeten in der
Leipziger Straße schmettern. Ach, es war der erste Siegesruf
des Feindes, den ich hörte, den ich haßte. Bittere Tränen stürzten
mir über die Wangen. Der Chasseur aber fluchte: „Donner¬
wetter, sie sind schon da!" gab dem Pferde die Sporen und jagte
pfeilschnell fort. Tiefatmend blickten wir ihm nach, wie er sich
in den Straßen verlor. Zugleich aber zog in der Leipziger Straße
ein prächtiges Regiment roter Husaren vorbei, den schmetternden
Trompeten nach; später folgte ihm ein Trupp Offiziere in glän¬
zendem Schmuck. Der Einzug der ersten Franzosen war erfolgt.
Eines Tages frühmorgens wirbelten die Trommeln den
Generalmarsch. Das Korps des Marschalls Davoust zog vor
das Hallesche Tor, um von dem Kaiser gemustert zu werden..
Die langen Reihen standen aufmarschiert und harrten ihres
Kaisers, der gegen Mittag erschien. Er kam im Schritt durch
das Hallesche Tor geritten auf einem etwas mageren Schimmel,
der aber, wie wir später sahen, vortrefflich laufen konnte. Er
war in seinem bekannten grünen Anzuge, der eben nicht wie an¬
gegossen paßte. Dies war auch nicht das Merkwürdigste, wohl
aber das ausdrucksvolle und doch so kalte Gesicht. Sein Teint
war gelblich, beinahe ledern. Aber wenn er die blitzenden Augen,
wiewohl sie etwas tief lagen, auf einen Gegenstand heftete, be¬
lebten sich seine Züge, und der durchbohrende Blick war kaum
zu ertragen. Sein Kinn war stark, mit dem blauen Schimmer
des Bartes. Der Mund war von sehr dünnen Lippen bedeckt
und zeigte Verschlossenheit. Das schwarze Haar war glatt und
dünn und glänzte wenig unter dem Hute hervor. Seine Haltung
zu Pferde war eine gezwungene, nicht die eines Reiters, der mit
dem Rosse verschmolzen ist. Aber dieser unscheinbare Mann
war der Ausgezeichnetste unter seinem glänzenden Gefolge, und
niemand konnte verkennen, daß er den ersten Rang einnahm..