Object: Geschichte des Altertums (Teil 3[a])

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Geschichte des alten Orients. 
zum Erlöschen des Selbstbewußtseins, ganz in diese Einheit zu versenken. 
Mit diesen Anschauungen verbindet sich der Glaube an die Seelen¬ 
wanderung. 
Buddhismus. Eine neue Periode in der religiösen Entwicklung Indiens hob an, 
als im 6. Jahrhundert vor Chr. Buddha (d. H. der Erleuchtete) auf¬ 
trat. Er entstammte der adligen Kriegerkaste, verließ aber Heimat und 
Wohlleben und wanderte als Asket und Lehrer durch die Lande. Ihm 
war die Welt eine Welt des Leidens, das man überwand durch Be¬ 
siegung der Leidenschaften: Versenkung in die Erkenntnis des Weltzu¬ 
sammenhangs, Entsagung, Nächstenliebe verlangte er von seinen An¬ 
hängern; im Nirwana, dem Auslöschen des Selbst, verhieß er ihnen die 
schließliche Erlösung. 
Die indische Religion hat die erreichte Höhe nicht behauptet. Der 
Buddhismus verknöcherte zu grober Äußerlichkeit. Zugleich wuchs der 
Polytheismus, wie er dem religiösen Bedürfnis der Massen entsprach, 
mächtig empor und verschmolz mit Vorstellungen, die dem Brahmanis¬ 
mus entstammten, zu der heute herrschenden Volksreligion des H i n - 
Hinduismus, d u i s m u s?) Unter den zahllosen Göttern, die dieser kennt, sind neben 
Brahma, der Verkörperung der Weltseele, vor allem Wischnu, der in 
zahlreichen Gestalten erscheint, und Siwa, der Gott der Zerstörung, zu 
nennen. In wildem, leidenschaftlichem Kultus werden sie verehrt. 
Die Inder haben eine großartige philosophische und poetische Litera¬ 
tur hinterlassen. Von der Höhe ihrer Kunsttätigkeit zeugen gewaltige 
Tempel, die eine reiche, üppig ausschweifende Dekoration tragen. In 
FremdexEr-politischer Beziehung haben sie es nie zu einer Einheit gebracht. Im 
4. Jahrhundert vor Chr. fiel Alexander in Indien ein, kam aber 
nur bis zum Flusse Hyphasis. Im 5. Jahrhundert n. Chr. wurde In¬ 
dien von den Hunnen erobert und bildete eine Zeitlang einen Teil 
des Hunnenreichs, bis es sich befreite. Seit etwa 1000 n. Chr. drangen 
türkische Völker in das Land ein, die den Islam mit sich brachten 
und verbreiteten, den ganzen Norden unterjochten und mehrere Staaten 
bildeten. Auf die türkische Fremdherrschaft folgte im 16. Jahrhundert 
die der Mongolen; der Großmogul beherrschte ein mächtiges Reich. 
Im 18. Jahrhundert, als die mongolische Herrschaft verfiel, wurde 
Indien ein Besitz der Engländer. 
1) Heute umfassen Hinduismus, Buddhismus und verwandte Religionen 
(z. B. die der Anhänger des Konfuzius) in Vorder- und Hinterindien, China, 
Tibet, der Mongolei, Japan gegen 600 Millionen Anhänger, während sich 
zum Christentum etwa 550 Millionen, zum Islam 200 Millionen bekennen.
	        
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