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Von den Kelten wurden unsre Vorfahren „Germanen",
d. H. „Nachbarn" genannt. Andre freilich leiten diesen Namen
von „Ger", d. H. „Speer" ab, so daß Germanen oder dann eigentlich
Germannen „Speermänner" bedeuten würde.
Sie selbst nannten sich später „Deutsche", d.h. „Volk".
Erst im 10. Jahrhundert aber ist dieser Name aufgekommen; Otto I.
heißt zuerst urkundlich „König der Deutschen."
4. Die alten Deutschen zeichneten sich durch hohenWuchs,
blaue Augen, röthlich-blondes Haar und weiße reineHaut-
färbe vor andern Völkern aus.
Sie kleideten sich in Pelze und in Gewänder aus ge¬
webten Stoffen.
Alle trugen sie einen Mantel aus Thierfellen oder Leinwand, auf
der linken Schulter mit einer Spange oder, wenn es daran fehlte, mit
einem Dorn zusammengehalten. Der Arme begnügte sich mit diesem Klei¬
dungsstück. Der Wohlhabende dagegen trug einen kurzen, anliegenden
Rock, über den dann ein Mantel aus Fellen oder Pelzen geworfen
wurde. Die weibliche Tracht war von der männlichen nicht verschieden;
nur hüllten sich die Frauen häufiger in leinene Gewänder, welche
Schulter und Arme nackt ließen und die mit bunten Streifen verziert
waren. — Bei Männern und Frauen wallte das Haar in üppiger
Fülle über die Schultern lang hernieder; der Bart wurde voll getragen;
dem unfreien Manne wurde beides geschoren.
Abgesondert und zerstreut siedelten sich die Germanen
an, wo gerade ein Quell, ein Fluß oder ein Gehölz sie dazu einlud.
In die Mitte ihrer Besitzung bauten sie aus unbe¬
hauenen Baumstämmen und Lehm die Hütte, deckten sie mit
Rohr oder Stroh und übertünchten sie hie und da mit glän¬
zender weißer Erde. Im Winter suchten wohl auch viele in Erd¬
höhle« Schutz vor der Kälte.
Die ganze Besitzung wurde eingehegt oder eingefrie¬
digt, d. H. mit Pfahlwerk umgeben. Sie war des Deutschen unver¬
letzliches Heiligthum; er duldete nicht, daß ihm jemand unbefugter
Weise „in’8 Gehege" kam und betrachtete jedes unberechtigte Eindringen
als Friedensbruch.
Eine Anzahl solcher Einzelbesitzungen bildeten einen
Weiler oder ein Dorf. Ein solches altdeutsches Dorf bestand dem¬
nach nicht aus zusammenhängenden Gassen, sondern aus einer Menge
vereinzelter, auf weiter Fläche zerstreuter Höfe.
Alle zu einem Volksstamme gehörigen Dorfgemeinden
bildeten einen Gau. Der Gau war mithin die vom ganzenVolks-
ftamme bewohnte Landschaft.
5. Ein römischer Kaiser (Titus) urtheilte über unsere Vorfahren:
„Groß sind die Leiber der Germanen, aber größer noch ihre Seelen."
Muth und Tapferkeit, Freiheitssinn und Vaterlands¬
liebe, Treue und Gastfreundschaft waren die lobenswerthen
Eigenschaften der alten Deutschen. Gastlicher Bewirthung über-