151
Wien. Das sächsische Heer hatte bei Annäherung der Preußen das
Land aeräumt und sich in Böhmen den Oestreichern angeschlossen.
Drei preußische Heere brachen nun nach dem Kriegsplane des
Schlacktendenkers Moltke in Böhmen ein und vereinigten sich nach einer
Reibe blutiger Gefechte. Bei Sadowa und Königgrätz hatten Oest¬
reichs und' Sachsen' unter dem Oberfeldherrn Benedek feste Stellung
acnommen. Am 3. Juli 1866 kam es hier zum Entf chetbnngs-
kamvfe. Heftige Regengüsse hatten den Boden ausgeweicht; nur
schwierig vermochten die preußischen Heeresmassen heranzukommen; den
weitesten Marsch hatte der Kronprinz Friedrich Wilhelm mit der 2. Armee
zurückzulegen. Mit Übermenschlicher Anstrengung stürmten die Preußen
seit 8 Uhr morgens gegen die wohlverschanzten Anhöhen. Entsetzlicher
Kugelregen lichtete ihre Reihen, und trotz größter Tapferkeit vermochten
sie keinen Vortheil zu erringen. Sehnsüchtig blickten sie nach links, von
dorther sollte der Kronprinz kommen. Aber erst um 2 Uhr erschien bte
ftilfe Die Kunbe: ber Kronprinz ist bet! erfüllte bte erschöpften Krieger
mit neuer Kraft. Ueberall begann nun unaufhaltsames Vorwärts¬
dringen, unb Mb flüchtete bas feinbliche Heer in wirrem Knäuel bett
schützenben Mauern von Königgrätz zu. Spät erst, um 8 Uhr abmbs,
trafen sich König unb .Kronprinz; sie sanken sich in bie Arme, und der
Vater schmückte die Brust des Sohnes mit dem höchsten militärischen
Orden. „Den ganzen Tag im Sattel, nur mit einem Stück Brot aus
ber Tasche eines Solbaten erquickt, mehrmals im bichten Feuer, so hatte
ber greise König alle Mühsal unb Gefahren bes Tages mit ben Seinen
getheilt, die Kämpfenben ermuntert, bie Verwunbeten getröstet. Jetzt
drängten sich jubelnb bie Solbaten um ihn her, küßten unb brückten
ihm bie Hänbe, jauchzten unb weinten vor Lust — unb bas alte „Nun
banket alle Gott" klang wie einst bei Lenthen über bas Siegesselb."
Die Preußen brangen nun fast ohne Wiberstanb bis in
bie Nähe Wiens vor. "®a bequemte sich Oestreich zum
Frieden, bettn auch feine fübbeutfchen Verbünbeten waren unlerbeß
völlig besiegt worben.
Wichtig waren bie Bestimmungen bes Frtebens: Oestreich
schieb aus Deutschlanb aus; Schleswig-Holstein, Han¬
nover, Kurhessen, Nassau unb Frankfurt a. M. würben von
Preußen aunectirt (= betn preußischen Staate einverleibt); unter
Preußens Führung entstanb ein norbbeutfcher Buttb,
welcher alle Staaten nörblich vom Main umfaßte. Die fübbeutfchen
Staaten blieben zwar außerhalb biefes Bunbes, aber sie versprachen,
ihm im Falle ber Noth beistehen zn wollen. So war bas halbe
Deutschlanb geeinigt. —
II.
Die ganze Einigung.
(Der beutfch-franzöfifche Krieg.)
1. Die glänzenben preußischen Waffenthaten erfüllten Frankreich,
das bis jetzt im Rathe ber Völker bas erste Wort gesprochen hatte.