Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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2. Wie varius König wird. Es ist merkwürdig, wie Darius 
zur Herrschaft gelangte. Die sieben Angesehensten der Perser, deren 
einer Darins war, beschlossen nämlich, derjenige unter ihnen sollte 
König werden, dessen Pserd, wenn sie an einem bestimmten ^,age bei 
Sonnenaufgang zusammen ansritten, zuerst wiehern würde. Denn 
das Pferd war den Persern ein heiliges Tier, und in seinem Wiehern, 
meinten sie, spräche sich der göttliche Wille aus. Als nun die sieben 
den feierlichen Ritt machten, da wieherte plötzlich des Darms Pferd, 
und sogleich sprangen die andern zur Erde und beteten ihn an als 
ihren König. Das Pferd aber hatte vor dem Tore der Stadt ge¬ 
wiehert, weil es dort von dem schlauen Stallmeister des Darius die 
Tage vorher Futter bekommen hatte. 
3. Jer schlaue Jopyrus. Unter den vielen Völkern, die den 
Persern unterworfen waren, trugen namentlich die Babylonier mit 
Unwillen das persische Joch. Sie fielen von dem neuen Könige ab 
und rüsteten zum Widerstand. Darius belagerte mit einem großen 
Heere die Stadt, aber vermochte nicht, sie zu gewinnen. Da trat eines 
Tages ein junger vornehmer Perser, Zopyrus, arg verstümmelt vor 
den König. Nase und Ohren waren ihm abgeschnitten, sein Rücken 
blutete von scharfen Geißelhieben. „Wer hat dich so zugerichtet?" 
fragte der König. „Das habe ich selbst getan," antwortete Zopyrus, 
„und dir zuliebe. Höre mich an. So wie du mich hier liehest, will ich 
in die Stadt gehen und sagen, du habest mich so verstümmelt, weil ich 
dir den Abzug des Heeres angeraten. Ich will mich sehr zornig gegen 
dich stellen, daß niemand eine List vermuten soll. Man wird mir ein 
Heer anvertrauen, und damit will ich einige glückliche Ausfälle tun. 
Du schickst mir am zehnten Tage tausend Mann der schlechtesten 
Truppen entgegen, daß ich sie schlage: sieben Tage darauf zweitausend 
andere, und nach zwanzig Tagen viertausend. Sehen mich die Baby¬ 
lonier dreimal so glücklich siegen, so vertrauen sie mir gewiß zuletzt die 
ganze Macht an und die Tore dazu, und dann laß mich nur sorgen." 
4. Die Eroberung Babylons. Zopyrus kam ans Tor der 
Stadt. Man glaubte seiner Lüge, nahm ihn mitleidig auf und stellte 
ihn an die Spitze eines Heerhaufens. Mit diesem besiegte er die ersten 
tausend Feinde, dann die zweitausend und zuletzt die viertausend. 
Da ward er oberster Anführer. Nun war es ihm ein Leichtes, die 
Perser in die Stadt einzulassen, und so wurde. Babylon erobert. 
Darius aber setzte Zopyrus zum Dank als Statthalter Über das ganze 
babylonische Land und schenkte ihm königliche Reichtümer. Die Stadt 
mußte für ihren Abfall harte Strafe leiden. Ihre festen Mauern
	        
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