Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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3. Heer und Flotte. Das französische Volk bemühte sich nach 
dem Kriege mit dem größten Eifer, seine Kriegsmacht auf eine solche 
Höhe zu bringen, daß es bei der ersten Gelegenheit an Deutschland 
Rache für die erlittenen Niederlagen nehmen könnte. Da mußte Deutsch¬ 
land auf feiner Hut sein. „Was wir in einem halben Jahre mit den 
Waffen errungen haben, das haben mir ein halbes Jahrhundert mit 
den Waffen zu schützen," sagte einst der greise Feldmarschall Moltke 
dem Reichstage. Das deutsche Heer ist daher wiederholt verstärkt 
worden. Jeder gesunde deutscheMann ist wehrpflichtig. 
Das stehende Heer, die Linie, zählt im Frieden über 500000 Mann. 
Die Soldaten kommen nach zweijähriger Dienstzeit (bei berittenen 
Truppen nach dreijähriger) auf 6 (5) Jahre zur Reserve, dann auf 
weitere 5 Jahre zur Landwehr ersten Aufgebotes. Gibt es 
Krieg, so verstärken die Reservisten zum Teil die bestehenden Regimenter, 
teils werden aus ihnen und der Landwehr neue gebildet. In der 
Landwehr zweiten Aufgebotes bleibt man bis zum 39., im 
Landsturm bis zum 45. Lebensjahre. Diese älteren Leute sind aber 
hauptsächlich nicht mehr zum Felddienst bestimmt, sondern zur Be¬ 
satzung von Festungen und zu ähnlichen Leistungen in der Heimat. 
Wenn eines Tages der Kaiser die Mobilmachung befiehlt, so trägt 
der Telegraph diesen Befehl ins ganze Land, und sofort hört der 
Friedensfahrplan der Eisenbahnen auf. Wer nicht Soldat ist, der mag 
sehen, wie er weiter kommt. Von allen Orten eilen die Reservisten und 
Landwehrleute zu ihren Truppenteilen. Dort erhalten sie Uniform 
und Waffen, und in wenigen Tagen sind die Regimenter marschbereit. 
Dann werden sie mit ihren Wagen und Pferden in Eisenbahnzügen be¬ 
fördert, wohin es nötig ist. Alle Anordnungen für die Mobilmachung, 
alle Kriegsfahrpläne für die Eisenbahnen sind im voraus ausgedacht 
und ausgeschrieben; jedem Offizier oder Soldaten ist im voraus genau 
bestimmt, wo sein Platz im Kriege sein wird. So kann das Deutsche 
Reich in wenigen Tagen mehrere Millionen waffengeübter Mannschaft 
ins Feld stellen. — Die Kriegsflotte besteht aus einer großen Zahl 
von Schiffen, von denen viele gepanzert und alle mit Kanonen ver¬ 
sehen sind. Für Matrosen und Seesoldaten gilt eine ähnliche Dienst¬ 
pflicht, wie für das Landheer. — Gegen eine solche Macht hat bisher 
noch kein Feind sich zu erheben gewagt, zumal nachdem Deutschland sich 
mit Österreich und Italien zu Schutz und Trutz gegen jede Störung 
des Friedens verbündet hat. Stolz konnte der Reichskanzler Fürst 
Bismarck einmal, als ein Krieg drohte, aller Welt zurufen: „Wir 
Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der Welt."
	        
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