Full text: Erzählungen aus der Weltgeschichte

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benachrichtigt hatten. Gar eilig kam der herbei, denn ihn trieb das 
Verlangen die zu schauen, welche er sich zur Gefährtin seines Lebens 
in Freud und Leid erkoren hatte. Das war ein minnigliches Grüßen 
zu Waleis an dem Strand! Kräftig schüttelte Hettel den treuen Freunden 
zum Dank die Hände, froh umfing er die holdselige Jungfrau, und 
alle gaben sich der Freude hin. Man schmauste weidlich und vollführte 
den Frauen zu Ehren kraftvolles Nitterspiel und am Abend begab man 
sich in den Zelten zur Ruhe, die am Meeresgestade errichtet waren. 
Aber übel wurde man am andern Morgen geweckt. Der erste 
Sonnenstrahl ließ hell die Segel von Hagens Schiffen erglänzen, und 
kaum waren die Schläfer in ihre Rüstungen gefahren, da landeten 
auch schon die Verfolger und begannen einen heftigen Kampf. Die 
Könige felber gerieten an einander, und wie stark Hagen auch war, 
Hettel bestand ihn doch mannhaft und tauschte mit ihm manch kräftigen 
Schlag; und als er eine Wunde empfing, kamen ihm seine Freunde zu 
Hülfe und trennten ihn von dem Gegner. Dann aber stürmte Wate 
gegen Hagen heran und zeigte ihm jetzt im Ernste, daß er kein Schüler 
im Ritterwerke war. Schon bluteten beide aus Wunden, aber keiner 
ließ vom Kampfe ab. Da rief Hettel mit lauter Stimme in den Streit 
hinein, er heische Waffenstillstand zu gütlicher Verhandlung. Nur 
ungern trennten sich die Kämpfenden, doch zeigten sie sich versöhnlicher 
Rede zugänglich. Als Hagen König Hettels Ritterschaft erkannte und 
von seiner großen Macht vernahm, als auch die Tochter reuig vor ihn 
trat und um Vergebung bat, da konnte sein Herz nicht widerstehen; 
und der Streit endete mit aufrichtiger Versöhnung. Man begrub die 
Toten, und Wate erwies sich mit Balsam und Pflaster als guter Arzt 
für die Wunden. Dann brach man auf zu Hettels Königsburg und 
feierte dort eine prächtige Hochzeit. Danach nahm Hagen Abschied von 
seiner Tochter und deren Gespielin Hildburg, beurlaubte sich von 
seinem Eidam und fuhr befriedigt der Heimat zu. Und als er seiner 
Gemahlin von Hettels großer Macht und Hildes Ehre erzählte, ward 
auch sie froh und versöhnt. 
2. Gudruns Freier. Aus Hettels und Hildens glücklicher 
Ehe entsprossen zwei Kinder, ein Sohn Ortw ein, der dem alten 
Wate zur Erziehung im Ritterwerk übergeben wurde, und eine Tochter 
Gudrun, welche, das Ebenbild der Mutter, zu hoher Schönheit 
heranwuchs. Der Ruf ihrer Lieblichkeit verbreitete sich bis in ferne 
Lande, so daß sich bald königliche Freier einfanden, um sie zu werben. 
Da kam zuerst Siegfried, der König von Moorland, aber stolzen 
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