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Westpreußen seiner landesväterlichen Pflege. Dieses Land
war schon früher einmal — durch den deutschen Ritterorden
(vergl. Abschnitt 27) — für deutsche Sitte und Bildung ge¬
wonnen worden, war aber dann wieder für Deutschland verloren
gegangen und hatte drei Jahrhunderte unter polnischer Herr¬
schaft gestanden. Durch die sogenannte erste Teilung Polens
(1772) erwarb Friedrich der Große dieses wichtige Gebiet, und
nannte sich nun nicht mehr König in Preußen, sondern König
von Preußen. In jämmerlichen Zustand war Westpreußen
unter der Polenherrschast geraten. Friedrich sandte sofort eine
Menge seiner besten Beamten in die neue Provinz; Gerichte,
Schulen, Postanstalten wurden errichtet, Straßen gebaut, die
Weichsel mit Oder und Elbe durch einen Kanal verbunden, und
fleißige Ansiedler ins Land gerufen. Aber alle Teile des König¬
reichs erfreuten sich ähnlicher Fürsorge. So ließ Friedrich zwei
öde Sumpfgegenden, den Oder- und den Warthebruch, mit
Dämmen umziehen, welche das Wasser ablenkten und
350 000 Morgen Sumpf zum fruchtbarsten Ackerland um¬
wandelten. Als der König das fertige Werk besichtigte, sagte
er: „Hier habe ich eine Provinz im Frieden erobert."
3. Friedrichs Leutseligkeit. — Seinen Unter¬
thanen mar Friedrich ein gütiger, leutseliger Herr. Auch dem
Geringsten seines Volkes bewies er sich freundlich. Als einst
auf der Reife die Pferde gewechselt wurden, drängte sich ein
altes Mütterchen dicht an den königlichen Wagen. „Was
wollt Ihr?" fragte der König. „Nur Ew. Majestät Angesicht
sehen und sonst nichts weiter," erwiderte die Alte. Der König
gab ihr einige Friedrichsdor und sagte: „Seht, liebe Frau,
auf diesen Dingern könnt Ihr mich ansehen, so oft Ihr wollt."
— Freimütige Reden nahm der König nicht übel; auch ein
dreistes Wort ließ er sich gefallen, wenn es nur treffend war.
Einen Soldaten, dessen Gesicht mehrere tiefe Narben hatte,
die er bei Kolirt erhalten, fragte er bei der Musterung: „In
welcher Bierschenke hast du dir denn die Hiebe geholt?" „Bei
Kolin," war die Antwort, „wo Ew. Majestät die Zeche bezahlt
haben." Dem General Seydlitz, welchem er vorzüglich den