Full text: Erzählungen aus der deutschen Geschichte

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erwiderte Joseph: „Wenn ich nur unter meinesgleichen sein 
wollte, so müßte ich in die Kaisergruft der Kapuzinerkirche 
hinuntersteigen und dort unter meinen toten Ahnen leben." 
2. Josephs Absichten und E r s o l g e. — In 
seinem weiten Reiche machte Joseph große Veränderungen. 
Alte Mißbrauche hob er auf; manche Last, die das Volk be¬ 
drückte, schaffte er ab. In allen seinen Landen wollte er gleiche 
Einrichtungen und Gesetze einführen und gleichsam einen neuen 
Staat schaffen, in welchem Freiheit und Gerechtigkeit herrschen 
sollten. Aber in seinem Eifer schritt er nur allzu feurig vor¬ 
wärts. Seine Unterthanen verstanden seine guten Absichten 
nicht; sie wollten sich von den alten Gewohnheiten nicht trennen, 
des Kaisers Plänen nicht fügen. So erntete Joseph statt Liebe, 
die er so sehr verdiente, vielmehr Haß und Undank. In manchen 
Teilen seines Reiches entstanden böse Gärungen, ja es kam 
sogar zu offener Empörung wider ihn. Da ließ der Kaiser, 
gebeugt durch so traurige Erfahrungen, sein Werk unausge¬ 
führt. „Ich möchte," sagte er vor seinem Ende zu den Um¬ 
stehenden, „daß man auf meinen Grabstein die Worte fetzte: 
„„Hier ruhet ein Fürst, dessen Absichten rein waren, der aber das 
Unglück hatte, alle seine Pläne scheitern zu sehen."" 
49. Nömg Friedrich Wilhelm II. (1786—1797) und die 
französische Revolution. 
1. Friedrich Wilhelm II. — Auf Friedrich II. (den 
Großen) folgte sein Neffe Friedrich Wilhelm II., 
1786 —1797. Er kam seinem großen Vorfahren bei weitem 
nicht gleich. Und doch hätte gerade jetzt Preußen eines besonders 
einsichtigen und thatkräftigen Herrschers bedurft. Denn zu 
dieser Zeit — 1789 — brach in Frankreich eine große Revo¬ 
lution (oder Staatsumwälzung) aus, welche auch die übrigen 
Länder Europas in heftige Kämpfe verwickelte. 
2. Die französische Revolution. — In Paris 
kam es zu gräßlichen Ausständen, bei denen das Volk gegen 
seinen König (Ludwig XVI.) die Waffen ergriff, ihn gefangen 
setzte und endlich wie einen Verbrecher hinrichten ließ, obgleich
	        
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