Full text: Viertes, fünftes und sechstes Schuljahr (Teil 2)

370 
ten, waren sie doch glänzend und schön und fromm und feurig zu¬ 
gleich, beschafften sie vor dem Pfluge oder den Wagen doppelt so 
viel als früher. Auch mit den Hühnern war es ein seltsames Ding. 
Sie legten und legten fast das ganze Jahr hindurch, jegliches all¬ 
täglich ein großes, rundes Staatsei, zuweilen gar mit zwei Dottern. 
Niemals geschah es, wenn eine Glucke gesetzt wurde, daß auch nur 
eins von den untergelegten Eiern sich faul erwies, oder daß später 
von den Küchlein der Habicht oder der Weih eins erwischte. 
5. Dies alles gefiel dem Bauer und der Bäuerin gar wohl, und da 
sie recht gut wußten, wem sie diesen Segen zu verdanken hatten, 
so priesen sie das kleine Männlein alle Tage, und niemals ward die 
herkömmliche Gabe versäumt. Eines Tages im Winter aber, als es 
bei hellem Sonnenschein so recht Stein und Bein fror und die Eis¬ 
zapfen wie gläserne Keulen von den Dächern hingen, saß der Bauer 
recht behaglich in seinem Sorgenstuhl am warmen Ofen und wartete 
auf sein Mittagessen. Es gab sein Lieblingsgericht, Schweinsrippen¬ 
braten mit Pflaumen und Äpfeln gefüllt, und süße Düfte dieses köst¬ 
lichen Gerichts wehten jedesmal, wenn die Tür geöffnet wurde, ver¬ 
heißungsvoll aus der Küche hervor. Da er nun in der Erwartung 
des Guten so behaglich in der Wärme saß, empfand er eine Ab¬ 
neigung, hinauszugehen in den eisigen Wintertag und die kalte Scheune, 
nur um der einen kleinen Gerstenähre willen. Er rief deshalb seinen 
Knecht und sagte ihm, was er tun solle. 
II. Wie sich der Zwerg für die Nachlässigkeit des Bauern 
rächte. 
1. Dieser, ein vorwitziger Gesell, hatte schon lange Begehren 
getragen, das sonderbare Männlein, darüber man im Dorfe die wun¬ 
derlichsten Dinge erzählte, zu sehen, und ging eilfertig in die Scheune, 
woselbst er das Wichtlein schon wartend antraf. Als er ihm den 
Halm nun darreichte, konnte er sich nicht enthalten, .das kleine Ge¬ 
schöpf wie zufällig ein wenig mit den spitzen Grannen der Ähren ins 
Gesicht zu kitzeln, also daß es sehr prustete und wunderliche Ge¬ 
sichter zog. Darüber wollte sich der Knecht vor Lachen innerlich 
ausschütten. Als er nun aber sah, wie der Kleine mit schwerem Ge¬ 
stöhn den Halm auf die Schulter wuchtete und unter Schnaufen da¬ 
vonschleppte, da erschien ihm solches dermaßen lächerlich, daß er 
sich nicht enthalten konnte, zu rufen: „Nun seh einer das Krabauter- 
ding, wie es sich hat, als wenn der Halm ein Bindebaum wäre!" Sodann 
schlug er mit den Händen mehrfach auf die Knie seiner Lederhosen 
und lachte unbändig. Zwischendurch aber rief er, wie die Zimmer-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.