— 166 —
schuß schwer verwundet; an seiner Statt übernimmt General
W i m p f f e n die Führung des französischen Heeres. Enger und
immer enger schließt sich der feindliche Gürtel um die Franzosen;
von mehreren Seiten zugleich stürmen die Scharen des preußi¬
schen Kronprinzen auf sie ein; auf der andern Seite bedrängt
sie der Kronprinz von Sachsen; rund um Sedan rollt der Donner
der siegreich fortschreitenden Feldschlacht. Gegen drei Uhr
nachmittags flüchtet sich der Feind nach ungeheuren Verlusten
hinter die Mauern von Sedan. Sie bieten dem völlig zerrütteten
Heere keine Rettung mehr; vernichtend fallen die feindlichen
Bomben und Granaten in die wirren, dichtgedrängten Knäuel
von entmutigten, verzweifelnden Soldaten, die alles verloren
sehen. Der Kaiser Napoleon, welcher dem Kampfe beigewohnt,
sucht umsonst, durch einen ehrenvollen Kriegertod der Schmach
zu entgehen; keine Feindeskugel weiß seine Brust zu finden. Da
schreibt der Tiesgedemütigte an den König von Preußen: „Weil
es mir versagt war, an der Spitze meiner Truppen zu sterben,
überreiche ich Ew. Majestät meinen Degen." Samt ihm ergiebt
sich das ganze noch übrige Franzosenheer, 85000 Soldaten mit
dem Marschall und allen seinen Offizieren, mit 500 Kanonen
und allen Adlern dem Sieger. Es war ein unermeßlicher Er¬
folg, ein Sieg ohnegleichen. Gottes Strafgericht war über den
hoffärtigen Frevler ergangen. Nie, so lange Kriege geführt
werden, hatte eine so zahlreiche Armee vor dem Feinde die
Waffen gestreckt. Am Tage nach der Schlacht stellte sich Napoleon
selbst dem Könige Wilhelm als Gefangener. Das Schloß
Wilhelmshöhe bei Kassel wurde ihm zum Aufenthalt angewiesen.
Den sieggekrönten König von Preußen aber umrauschte, als er
die Reihen seiner begeisterten Krieger durchritt, der vieltausend¬
stimmige Gesang:
„Heil dir im Siegerkranz,
Herrscher des Vaterlands,
Heil, König, dir!"
„Welch eine Wendung durch Gottes Führung!" schrieb
der König an seine Gemahlin.