Full text: Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken (Reihe 3)

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Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. 
kränkte König nahm bie „Flüchtigen" nicht nur gastlich bei sich auf, sonbern 
benutzte auch ihre Anwesenheit zu Schritten, welche ben Bruch mit Karl, 
wenn er nicht schon burch bie ungerechte Verstoßung ber Königstochter un¬ 
heilbar gewesen wäre, jetzt jebensalls voflenben mußten. 
Ereignisse traten hinzu, bie bie Entscheibung beschleunigten. Im 
Januar bes folgenben Jahres (772) starb Stephan ber Dritte. Sein 
Nachfolger Habrian, ein Römer aus altabligem Geschlecht, war ein 
leibenschaftücher Feinb ber Langobarben; in ber ersten Stunde nach seiner 
Wahl rief er bie gefangenen Anhänger bes Christophorus unb Sergius 
aus bem Kerker, bie Verbannten aus bem Exil. Desiberius ließ ihm 
zwar versichern, er werbe ihm alle Gerechtsame einräumen, bie er seinem 
Vorgänger noch vorenthalten habe, zugleich aber besetzte er mehrere Plätze 
und Gegenben bes Kirchenstaates, um eine Art Psanb ober Bürgschaft für 
bes Papstes Gefügigkeit zu haben; er verlangte nämlich von biesem, er 
solle persönlich mit ihm verhanbeln unb die Söhne Karlmanns zu Königen 
ber Franken salben; nur bann werbe er bas Weggenommene wieber heraus¬ 
geben unb bem Papste allen Schutz und Beistand leisten. Seine Absicht 
war dabei, durch Aufstellung von Gegenkönigen, deren Erbrecht recht wohl 
begründbar schien, das Reich der Franken zu spalten, sich selbst unter den 
Franken eine Partei zu gewinnen und vor allem Karls Macht zu schwächen. 
Denn „es ist sehr begreiflich, daß Desiderius als Vater und König in 
Liebe und Ehre aufs tiefste von Karl gekränkt, gegen diesen die feindseligste 
Politik verfolgte;" nur war freilich bei der Übermacht Karls der Ausgang 
eines entscheidenden Zusammenstoßes vorauszusehen. Der Fehler des Lango¬ 
bardenkönigs war, daß er seine Kraft überschätzt und die Rechnung ohne 
den Wirt gemacht hatte. Denn Hadrian, auf dessen Nachgiebigkeit sein 
ganzer Plan gebaut war, blieb felsenfest. Da zog der König mit Heeres¬ 
macht ins römische Gebiet unb nahm noch eine Reihe von Stabten weg; 
allein ber Papst ließ sich nicht einschüchtern; als Desiberius wieber auf eine 
Unterrebung brang, weigerte sie ber Papst, so lange ber König nicht alles 
Besitztum bes heiligen Petrus herausgegeben habe. Davon aber wollte 
Desiberius nichts wissen. Nun ries Habrian bie Hilfe bes Frankenherrschers 
an; unb als Desiberius mit seinem Sohne unb Mitregenten Abelgis unb 
seinem Heere ben Weg auf Rom zu einschlug, sammelte ber Papst rasch 
Krieger aus ben römischen Lanbschaften, setzte Rom in Verteibigungszustanb, 
brachte die Schätze der Peterskirche in Sicherheit und ließ die Thore dieses 
Heiligtums fest verschließen, so daß Desiderius nur mit Gewalt hätte ein¬ 
dringen können unb dabei zum fluchbeladenen Kirchenschänber geworben wäre. 
Dann aber schickte er Gesanbte an ben Langobarbenkönig unb bebrohte ihn 
mit bem Kirchenbanne, wenn er weiter gegen Rom vorschreite. Dies 
wirkte: Desiberius wich erschreckt zurück. Ob es freilich allein bie päpstliche
	        
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