Full text: Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken (Reihe 3)

Die Zage von Herzog Arichis und Paulus Diakonus. 163 
Karl. Da antworteten sie ohne Furcht: „Du bist es selbst." Dieser frei¬ 
mütigen Antwort freute sich der König. Nun trat einer der Bischöfe vor 
— er hieß David und war aus Benevent — und redete also: „Höre, 
was der Herr der himmlischen Heerscharen mich dir verkünden hieß! Ich 
habe dich — spricht der Herr — zum mächtigsten König der Erde gemacht, 
ich habe das Heer und die Stärke deiner Widersacher zertrümmert, ich habe 
deinen Feind in deine Hand gegeben, ich habe dein Geschlecht auf den Stuhl 
der Herrschaft gesetzt, ich habe dich mit leichter Mühe den Sieg erringen 
lassen, und du begehrst noch das Blut meines getreuen Volkes, das ich 
einst mit meinem Blut erworben habe?" Als der König dies vernahm, 
senkte er das Haupt und sprach kleinlaut: „Wie kann ich mein Vorhaben 
aufgeben, da ich geschworen habe, ich wolle des Todes sein, wenn ich nicht 
mit diesem meinem Scepter dem Arichis die Brust durchbohre?" Da 
sprach ein anderer der Bischöfe, Rodepert von Salerno: „Höre mich an, 
o gnädigster König! Als einst der Vierfürst Herodes zu Jerusalem trunken 
mit seinen Gesellen zu Tische lag, da hatte er große Freude an dem -lanz 
seiner Tochter und schwur dem Mädchen, er wolle ihr jeden Wunsch ge¬ 
währen. Da verlangte sie das Haupt Johannes des Täufers. Wäre es 
da nicht besser gewesen, er hätte seinen Schwur gebrochen, als daß er dem 
heiligen Manne das Haupt abschlagen ließ?" — „Freilich wäre es besser 
gewesen," erwiderte der König, und als der Bischof fortfuhr: „Warum 
willst du es also dem Herodes nachthun?" so sprach Karl sanftmütig: 
„Lege mir deutlich und kurz dar, was ich thun soll." Da sprachen alle 
Bischöfe: „Wir wollen es so fügen, daß du deinen Schwur halten kannst, 
ohne dich zu versündigen." Über diese Rede freute sich der König von 
Herzen und war wie umgewandelt, und die Bischöfe führten ihn in eine 
Kirche, die unweit der Stadt Capua lag. Hier zeigten sie ihm ein ungemein 
großes Bild des Arichis, das in einer Ecke der Kirche hing und sprachen: 
„Vollbringe nun deinen Eid!" Als Karl sich so überlistet sah, wollte er 
zuerst zürnen, bald aber besann er sich eines Besseren, lachte, ging auf das 
Bild zu und stieß dem gemalten Arichis sein Scepter in die Brust. Darauf 
warfen sich ihm die Bischöfe zu Füßen und flehten ihn an, sogleich Frieden 
zu machen. Wie nun der König die Bitten so vieler frommen Väter ver¬ 
nahm, schloß er einen festen Frieden zwischen den Langobarden von 
Benevent und den Franken, bestätigte den Vertrag durch eine geschriebene 
Urkunde und ließ sich Geiseln stellen, darunter auch den Grimwald, des 
Arichis Sohn. Nachdem dies so beschlossen war, schieden sie voneinander. 
Die Bischöfe gingen nach Salerno zurück, der König aber zog mit feinem 
Heere nach Norden auf demselben Wege, wo er gekommen war. 
Nach Salerno schickte Karl nun einen seiner Großen mit einem kleinen 
Gefolge, um sich den Friedensvertrag bestätigen zu lassen und die bestimmten 
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