Full text: Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken (Reihe 3)

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Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit. 
Mann zum Gemahl zu wählen, der wie Aulhari kraftvoll zu herrschen 
verstehe; wen sie dazu würdig finde, der solle König sein. In der That, 
ein bemerkenswerter Beschluß! Welches Vertrauen, welche Hochachtung mußte 
Theudelinde, die keine Langobardin, sondern eine Baierin, keine Arianerin, 
sondern eine Katholikin war, sich in so kurzer Zeit erworben haben! und 
welche glänzenden Eigenschaften mußte dieses Weib besitzen, daß sich die 
trotzigen, herrschsüchtigen Männer ihrem Willen aus freier Entschließung 
beugten. Denn daß sie eine Enkelin des Königs Wacho war, also dem 
uralten Königsgeschlecht der Lethinge entstammte, das konnte jenen Beschluß 
wohl bestärken, aber nimmer hervorrufen. Es mag für Autharis Witwe 
nichts Leichtes gewesen sein, die Thränen um ihren Jugendgemahl so rasch 
zu trocknen; aber sie war eine Frau von männlichem Geiste. Darum 
dankte sie den Edlen für ihr Vertrauen und bewies sich seiner vollkommen 
würdig. Zunächst sandte sie Boten ins Frankenreich, um Autharis Tod 
zu melden und auf baldigen Friedensschluß zu dringen, zu dem sich auch 
Childebert geneigt zeigte und einen Tag anberaumte. Dann ging sie mit 
weisen und erfahrenen Männern zu Rate, wer auf Autharis Stuhle sitzen 
solle, und zuletzt wählte sie Agilulf, den Herzog von Turin, sich zum 
Gemahl und dem Langobardenvolke zum König, denn, obwohl von Herkunft 
ein Thüring, war er doch auch mit Autharis Geschlecht von mütterlicher 
Seite verwandt und vor allem ein tüchtiger, streitbarer Mann, an Leib 
und Seele zur Führung der Herrschaft wohl geeignet. Ihn entbot, so 
erzählt Paulus, die Königin alsbald zu sich und zog ihm selbst bis nach 
der Stadt Lomello entgegen. Und als er kam und einige Worte der Be¬ 
grüßung gewechselt waren, ließ sie einen Becher Weins bringen, trank 
zuerst und reichte das Übrige dem Agilulf hin. Dieser nahm die Schale 
und drückte, als er getrunken hatte, ehrfurchtsvoll einen Kuß auf die Hand 
der Fürstin. Sie aber errötete und sprach lächelnd: „Wer mir den Mund 
küssen darf, soll seine Lippen nicht auf meine Hand drücken." Darauf 
hieß sie den Knienden sich erheben, küßte ihn und sprach zu ihm von Hoch¬ 
zeit und Königswürde. Anfangs November 590 ward die Vermählung 
gefeiert und Agilulf zum König erhoben; die feierliche Krönung geschah zu 
Mailand in einem allgemeinen Thing der Langobarden, im Monat Mai 
591. Fünf und zwanzig Jahre hat Agilulf oder, wie er auch genannt 
wird, Ago die Krone der Langobarden getragen und ist einer der gewaltig¬ 
sten und besten Könige gewesen, so daß Theudelindes kluge Wahl keinen 
gereute. 
Das erste, was der neue König sich angelegen sein ließ, war der 
endgültige Friedensabschluß mit den Franken. Er schickte zu dem von 
Childebert anberaumten Tage den Herzog Ewin und den Bischof Ag- 
nellus von Trient, als feine Bevollmächtigten. Jeder der beiden wirkte
	        
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