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deren Neutralität Napoleon gerechnet hatte, erhoben sich, treu
den 1866 geschlossenen Bündnissen, wie ein Mann, als König
Wilhelm zum Kampfe gegen den welschen Nachbar rief. Eine
große Zeit begann, ähnlich der von 1813; es wurde jetzt nut
einem Male erreicht, wonach die deutsche Nation schon so lange
vergebens gestrebt hatte: Deutschland wurde einig. Einen
wohlthuenden Eindruck machte es, daß die Bevölkerung Öster¬
reichs, allen Groll von 1866 vergessend, ihre Teilnahme an der
deutschen Sache zu erkennen gab. Auch aus fernen Erdteilen
kamen Botschaften begeisterter Zustimmung, liebevolle Unter¬
stützung. Am 19. Juli, dem Todestage der Königin Luise,
erneuerte der König von Preußen den Orden des eisernen Kreu¬
zes, den sein Vater 1813 gestiftet hatte. Der sofort ein¬
berufene Reichstag bedurfte nur einer dreitägigen Beratung, um
alles für den Krieg Notwendige vorzubereiten.
Da Frankreich sofort nach der Kriegserklärung alle seine
Truppen an die deutsche Grenze warf und so einen bedeutenden
Vorsprung vor Preußen hatte, so war man darauf gefaßt, daß
die Franzosen in kurzem ihren Einmarsch nach Deutschland be¬
werkstelligen würden. Allein ihre Armee war noch nicht kriegs¬
bereit. Als sie sich aber gegen die Saar und besonders gegen
Saarbrücken in Bewegung setzten, so wurden sie von den schwachen
Garnisonen der Grenzstädte durch fortwährende Beunruhigung der
Vorposten zu der Vorstellung gebracht, es ständen ihnen weit
größere Massen gegenüber, als es in Wirklichkeit der Fall war.
Die französische Armee war anfangs in 7 Corps ein¬
geteilt, und diese standen unter folgenden Generalen: 1. Corps
(bei dem sich die afrikanischen Regimenter der Turkos,
Spahis und Zuaven befanden): Marschall Mac Mahon,
Herzog von Magenta, bei Straßburg; 2. General Frossard
bei St. Avold; 3. Marschall Bazaine bei Metz; 4._ General
Ladmirault bei Thionville; 5. General Failly bei Bitsch;
6. Marschall Canrobert bei Chalons; 7. General Donay bei
Belfort. Den Oberbefehl über die ganze Armee, die „Rhein¬
armee", übernahm Napoleon selbst; an der Spitze des General¬
stabes stand der Kriegsminister Marschall Leboeus.
Der Aufmarsch der deutschen Truppen geschah mit einer
unvergleichlichen Pünktlichkeit, und 14 Tage genügten, um
eilt vollständig schlagfertiges Heer von einer halben Million
Soldaten mittelst der Eisenbahn an die Grenze zu befördern.
Dasselbe war in drei Armeen geteilt, welche unter dem Ober¬
befehl des Generals Steinmetz, des Prinzen Friedrich
Karl und des Kronprinzen Friedrich Wilhelm standen.
Die erste Armee stand uttter General Steinmetz bei Trier