Full text: Neuere Geschichte (3. Bdchen)

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Karls XII. Tod war der Zeitpunkt, in welchem Schweden, 
vorher die furchtbarste Macht im Norden Europas, aus dieser 
seiner Stellung für immer heraustrat. Der Reichsrat berief 
seine jüngere Schwester, Ulrike Eleonore, Gemahlin des Erb¬ 
prinzen von Hessen, zu seiner Nachfolgerin. Doch schloß 1721 
Schweden den Frieden von Nystadt, wodurch es zu einer 
Macht untergeordneten Ranges herabsank. Es verlor Livland, 
Esthland und Jngermanland an Rußland. In Polen wurde 
August als rechtmäßiger König anerkannt. Rußland, um ein 
namhaftes vergrößert, wurde unter Peter I., durch welchen 
Handel, Industrie, Manufaktur- und Fabrikwefen einen hohen 
Anffchwuug nahmen, ein ganz neuer Staat. Im I. 1722 
nahm dieser den Titel „Kaiser aller Reußen" an. 
7. Peters des Großen letzte Jahre. Auch während 
des Krieges hatte Peter nicht aufgehört, neue Einrichtungen 
zu machen, Mißbräuche abzuschaffen und an der Bildung feines 
Volkes eifrig zu arbeiten. Im I. 1716 unternahm er wieder 
eine größere Reife, auf welcher er auch fein geliebtes Holland 
wieder besuchte. Daun reiste er nach Paris, wo seine Wi߬ 
begierde viel Nahrung fand. Als er in die Kirche trat, wo 
Richelieu begraben lag, umarmte er dessen Bildsäule uud rief: 
„Großer Mann, dir würde ich die Hälfte meiner Staaten 
geben, könntest du mich die andere Hälfte regieren lehren!" 
Den König Ludwig XV., ein siebenjähriges Kind, nahm er 
auf den Arm, küßte ihn nnd sprach: „Ich wünsche, daß Sie 
wohl aufwachsen und löblich regieren mögen; vielleicht können 
wir mit der Zeit einander nützlich werden!" Uber Holland 
und Berlin kehrte Peter nach Rußland zurück. 
Hier wartete feiner das traurige Geschäft, seinen Lrohn 
Alexei richten zu müssen. Dieser war der Sohn der ersten, 
verstoßenen Gemahlin Peters, und schon deshalb ihm verhaßt. 
Aber auch der Sohn betrachtete Peters ganze Handlungsweise 
mit Mißtrauen. Die Geistlichen, unter denen er aufgewachsen 
war, hatten ihm Widerwillen gegen Peters Neuerungen ein¬ 
geflößt. Dieser sah mit Kummer voraus, daß nach seinem 
Tode Rußland in die alte Barbarei zurückfallen würde. Als 
nun Peter seine Reise angetreten hatte, floh Alexei nach Wien. 
Kaiser Karl VI. verbarg ihn in Neapel. Aber Peter er¬ 
forschte seinen Aufenthalt und verlangte seine Auslieferung. 
Alexei entsagte feierlich der Krone. Die Teilnehmer seiner 
Flucht wurden hingerichtet. Aber aus der Untersuchung ergab 
sich auch, daß Alexei die Absicht hatte, sich gegen feinen Vater 
zu empören und ihm den Thron zu rauben. Peter fetzte i a= 
her ein Gericht nieder, und dieses verdammte ihn znm Tode.
	        
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