Full text: Neuere Geschichte (3. Bdchen)

— 43 - 
hatte sich eiligst versteckt. Die Spannung zwischen Vater und 
Sohn nahm von jetzt an immer mehr zu. 
Als nun gar der Vater beschloß, ihn gegen seinen Willen 
zu vermählen, da faßte Friedrich den Entschluß, zu seinem 
Oheim, dem König Georg II. vou England, zu entfliehen. Zwer 
Freunde, die Leutnants v. Keith und; v. Katte, waren in 
das Geheimnis eingeweiht. Alles war vorbereitet. Bei einer 
Reise, die der König an den Rhein unternahm, sollte die Flucht 
vou Wesel aus vor sich gehen. Aber die Sache wurde dem 
König verraten, der nun in aller Stille seine Maßregeln traf. 
In dem Augenblick, da der Kronprinz sein Vorhaben ausführen 
wollte, wurde er verhaftet. Als er vor beit König gebracht 
wurde, geriet dieser so in Zorn, daß er mit dem Degen ans 
ihn zustürzte, um ihn zu durchbohren. Der General von 
Mosel hielt den Arm des Königs und ries: „Töten Sie mich, 
Sire! aber schonen Sie Ihres Sohnes!" Auch der Leutnant 
Katte wurde verhaftet; Keith hatte vom Kronprinzen noch zu 
rechter Zeit einen Zettet erhalten mit den Worten: „Retten 
Sie sich, alles ist entdeckt!" Er entkam glücklich nach England. 
Der Kronprinz wurde auf die Festung Küstrin als Ge¬ 
fangener gebracht. Der König wütete gegen alle, die seinem 
Sohne nahe standen; diesen ließ er vou einem Kriegsgericht 
als Deserteur zum Tode verurteilen. Da rief der alte General 
Buddeubrock: „Wenn Ew. Majestät Blut verlangen, so nehmen 
Sie meius; das des Kronprinzen bekommen Sie nicht, so lange 
ich noch reden darf." Ebenso sprach der Fürst von Dessau. 
Auch andere Fürsten verwandten sich für den Prinzen, unb 
ber König sprach nicht mehr von der Todesstrafe. 
Friedrichs Freund Katte wurde nach Küstrin gebracht, um 
dort vor des Prinzen Augen enthauptet zu werden. Als er 
an Friedrichs Fenster vorübergeführt wurde, ries dieser ihm 
weinend zu: „Mein lieber Katte, vergeben Sie mir!" Katte 
antwortete: „Der Tod für einen solchen Prinzen ist süß!" 
Friedrich blieb noch immer in strenger Haft. Der täg¬ 
liche Verkehr mit dem Feldprediger Müller bewirkte endlich, 
baß er in einem Briefe an feinen Vater sein Unrecht bekannte 
unb um Verzeihung bat. Der König versprach ihm Begnadigung, 
wenn er eiblich versprechen wolle, sich nie wegen des Vorge¬ 
fallenen an jemandem zu rächen und künftig ein gehorsamer 
Sohn zu sein. Nachdem Friedrich diesen Eid in Gegenwart 
von Ministern und Generalen geleistet hatte, erhielt er Orden 
unb Degen zurück. Doch mußte er noch mehrere Jahre in 
Küstrin bei der Domänenkammer als Kriegsrat arbeiten. Ec
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.