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Hoch flog ich zu Häupten — du kanntest mich kaum —
Durch die Wipfel der Wälder, dein Trost und dein Traum
Ich brach vor dem Bugspriet durch die Brandung dir Bahn,
Vor dem Schiffe dir schwamm ich, weiß-schwingig, ein Schwan.
Ich zog dir zum Ziele den zischenden Pfeil,
Aufriß ich das Roß dir, das gestrauchelt am Steil.
Oft sing ich des Feindes geschwungenes Schwert,
Lang hab' ich die Lanzen vom Leib dir gewehrt.
Und nun, da die Norne den Tod dir verhängt,
Hab' ich dir den schnellsten, den schönsten geschenkt.
„Sieg!" riefest du selig, „Sieg, Sieg allerwärts!"
Da lenkt ich die Lanze dir ins herrliche Herz.
Dn lächeltest lieblich — ich umsing dich im Fall —
Ich küsse die Wunde — und nun auf: — nach „Walhall!"
F. Dahn.
Halle, in ursprünglicher Bedeutung die Wohnung des Königs
(im Gegensatz zu „Diele"). Walhall also die königliche Wohnung
für die im Kampfe Gefallenen. In Walhall führen sie den Namen
Einherier. Mit Wodan essen sie vom Eber, der stets wieder
heil wird. Spuren dieses Glaubens finden sich noch in dem
Märchen von Schlaraffenland. (Es gehört in das 3. Schuljahr und kann
hier zur Bestätigung herangezogen werden.)
Bei Wodan und Walhall dachten sich unsre Vorfahren alle
die Wonnen und Freuden ihres Lebens in ungetrübter Dauer;
daher Jagen, Trinken und Essen, selige Ruhe und ewige Jugend
als die höchste Hoffnung. Sie glaubten von Wodan, was der
folgende Vers sagt:
Wodan!) streut Segen Tag und Nacht
Von seinem Throne nieder
Und lehrt den Krieg und lehrt die Jagd
Und spendet hohe Lieder
Und ist uns nah in Leid und Lust,
Durchströmt mit Mut der Krieger Brust
Und nimmt nach ruhmvollem Ende
Die Helden in feine Hände.
Freia, Hulda, Frau Holle. Nur am Freitage werden in
manchen Gegenden die Hochzeiten gehalten. Die Erinnerung an
Freia lebt in dem Volksmärchen von Frau Holle. Dort tritt die
Strafe für die faulen, der Lohn für die fleißigen Spinnerinnen
in packender Weise hervor; nur daß die herrliche Freia im Märchen
zn einem alten Mütterchen zusammengeschrumpft ist.
Das Wort freien — heiraten erinnert auch an Freia als an
die Stifterin und Beschützerin der Ehe; desgl. das Wort Frau.
!) Wotan von Hans Thoma. Zeitgenössische Kunstblätter. Volkstüm¬
liche Ausgabe moderner Werke der deutschen Griffelkunst. Nr. 51. 2 ji.