22 Preußens Aufstieg zur Großmacht.
waren von der Dienstpflicht frei, weil sie die Steuerfreist des
Landes erhalten mußten; denn die Dienstzeit dauerte damals 20 bis
30 Jahre, und der Soldat war steuerfrei.
Um Ordnung in die Aushebung zu bringen, wurde das ganze
Land in Bezirke (Kantons) eingeteilt, aus denen die einzelnen Regi¬
menter ihre Mannschaften nach Bedarf ausheben konnten. Alle dienst¬
pflichtigen Mannschaften wurden in das Soldatenregister
(Stammrolle) eingetragen, und diejenigen, welche diensttauglich
waren, mußten zur Fahne schwören und als Abzeichen eine rote
Halsbinde tragen. Wenn der König ihrer bedurfte, wurden sie ein¬
berufen.
Freilich reichten die Bewohner des Landes infolge der vielen
Befreiungen vom Militärdienst nicht aus; darum mußte ein Teil des
Heeres immer noch in andern Ländern angeworben werden. Die
königlichen Werber zogen aus, gingen in die Wirtshäuser der Städte
und Dörfer, schilderten den jungen Leuten die Herrlichkeiten des
Soldatenstandes und hielten sie mit Bier und Wein frei. Sobald
der junge Mann angenommen war und ein Handgeld erhalten hatte,
war er preußischer Soldat und stand nun unter den sehr strengen
Heeresgesetzen.
Eine besondere Vorliebe hatte der König für die,,langen Kerle".
Von diesen bildete er in Potsdam ein besonderes Leibregiment,
das aus 2400 solcher Riesen bestand. Es sollte zugleich ein Muster¬
regiment sein, und alle Neuerungen im Heer wurden erst hier ver¬
sucht, ehe sie bei den übrigen Regimentern zur Einführung 'kamen.
b) Die militärische Zucht im Heere. Im Heere Friedrich
Wilhelms herrschte strengste Lucht und Ordnung, und sehr hart
waren die Strafen, wenn sich ein Soldat im Dienst verging. Jeder
Unteroffizier hatte neben dem Säbel einen tüchtigen Stock (Korporal-
stock), mit bem er selbst bei geringen Vergehen ber Solbaten tüchtig
zuschlug. Die härteste Strafe war bas „Spießrutenlaufen". Dabei
bilbeten bie Äameraben bes Sträflings eine Gasse; jeber hatte einen
Stock in ber Hanb, unb ber Verurteilte mußte roieberholt mit ent¬
blößtem Rücken burch bie Gasse laufen, wobei er von jebem einen
tüchtigen Hieb bekam. Auf Fahnenflucht unb rvieberholte Gehorsams¬
verweigerung stanb bie Tvbesstrafe.
Für ben Unterhalt ber Truppen würbe aufs genaueste gesorgt,
unb Waffen, Uniform unb Solb ben Solbaten pünktlich unb vor¬
schriftsmäßig geliefert. Das Fußvolk war blau, bie Reiterei weiß
unb rot gekleibet. Maß unb Schnitt ber Uniform roaren _genau
vorgeschrieben, unb bie Solbaten mußten große Sorgfalt beim