Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

^18 Johann Sigismund erklärt sich für das reformirte Bekenntniß. 
und mag da eine günstigere Ansicht von ihrem Bekenntniß gewonnen haben. 
Vorzüglich aber soll auch die Rücksicht auf den reformirten Glauben eines 
großen Theils der Bewohner der jülichschen Lande, welche er zu erwerben 
bemüht war, ihn zum Uebertritt noch mehr geneigt gemacht haben: kurz, er 
erklärte sich im Jahre 1613 öffentlich für das reformirte 
Bekenntniß. „Schon seit acht Jahren sei er den Glaubenslehren derRe- 
sormirten zugethan gewesen und fühle sich, um der Ruhe seines Gewissens 
halber, gedrungen, dieses öffentlich zu bekennen, dabei er auch bis an sein 
Ende standhaft verharren wolle, um fröhlich und getrost vor dem Richter¬ 
stuhle Christi erscheinen zu können." 
Aufregung in den Marken; Unruhe in Berlin. Wir dürfen zur 
Ehre des Kurfürsten annehmen, daß er wirklich vor Allem durch seine innere 
Ueberzeugung in die reformirte Kirche gedrängt wurde; hätte ihn dagegen 
vermeintliche Staatsklugheit besonders geleitet, so würde er bald haben ein¬ 
sehen müssen, daß seine Berechnung nicht durchaus richtig gewesen war. Denn 
während ihm sein Uebertritt keinen erheblichen Vortheil in der jülichschen 
Erbschaftsangelegenheit brachte, sah er dagegen in seinen bisherigen Landen 
die größte Erbitterung über den Religionswechsel aufflammen. So wie der 
Uebertritt öffentlich erklärt war, brach der Unwille der lutherischen Geist¬ 
lichkeit und des Volks fast überall hervor. Die Leidenschaft der Geistlichen, 
unter welchen sich der frühere Lehrer des Kurfürsten, Gedicke, besonders her- 
vorthat, machte sich in den heftigsten Ausfällen gegen die Reformirten Luft, 
so daß sich der Kurfürst genöthigt sah, das Verketzern von den Kanzeln herab 
durch ein Edict zu verbieten. Wer seinem Gewissen zu nahe getreten glaube, 
dem stehe es frei, sich in andere Länder zu begeben, wo er ungestraft lästern 
und verdammen könne. Um die Irrthümer der Menge über den reformirten 
Glauben zn berichtigen, ließ er ein sehr mild gefaßtes Glaubensbekenntniß 
veröffentlichen, und fügte bann hinzu: Dhngeachtet die reformirte Kirche sich 
auf Gottes Wort allein gründe, so wollte er doch, weil ber Glaube nicht 
Jedermanns Ding und Niemanden zugelassen sei, über die Gewissen zu herr¬ 
schen, keinen Unterthanen dazu weder öffentlich, noch heimlich wider seinen 
Willen zwingen, sondern den Lauf der Wahrheit Gott allein befehlen. — 
Diese Versicherung beruhigte jedoch die Lutherischen keineswegs: denn sie 
fürchteten, daß der Landesherr, auch ohne Zwang anzuwenden, Mittel genug 
finden würde, seinem neuen Bekenntniß nach und nach mehr Eingang zu ver¬ 
schaffen, und diese Befürchtungen erhielten neue Nahrung, als Johann Sigis¬ 
mund einen Kirchenrath aus Reformirten bildete und auch bei der Universität 
Frankfurt die Lehrstühle nach unb nach mit Reformirten besetzte. Bereits 
waren beshalb an mehreren Orten, besonbers in Stenbal unb Brandenburg, 
bebeutenbe Unruhen ausgebrochen, als bte Stäube zum Zweck neuer Gelb- 
bewilligungen versammelt werben mußten. Sie wollten sich jeboch zu ber 
Bewilligung nicht verstehen, wenn sie nicht erst in Betreff ihrer religiösen 
Ueberzeugung beruhigt würden. Sie erinnerten ben Fürsten nachdrücklich an 
das seinem Vater unb bem Laube gegebene Versprechen, bem unveränberten 
augsburgischen Bekenntniß treu zu bleiben unb verlangten bte ausschließliche 
Besetzung aller Kirchenämter unb der Universität Frankfurt mit entschiedenen 
Lutheranern, so wie bie Entfernung aller Calvinisten aus den Kirchen- und
	        
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