Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Söldnerunfug; Zug englischer Söldner durch die Marken. 125 
für eine gewisse Geldsumme eine größere oder geringere Anzahl von Kriegs¬ 
leuten auf eine bestimmte Zeit aufzubringen. Die Obersten wählten nun 
wieder ihre Offiziere, dann wurden Werbeplätze bestimmt, die Trommel ge¬ 
rührt und es sammelten sich überall die kriegsbereiten Lanzknechte. 
Das Regiment gehörte dem Obersten, der es errichtet hatte: ihm ver¬ 
tranten und gehorchten die Söldlinge, und es war ihnen gleichgültig, welchem 
Kriegsherrn er sie zuführte. Sie hielten eben deshalb auch wenig auf den 
Eid, den sie dem Fürsten schwören mußten: sie dienten Jedem, wenn sie nur 
die Hoffnuug hatten, durch Plünderung, Raub, Brand und Mord sich zu be¬ 
reichern ; das Ehrgefühl des wahren Kriegers kannten natürlich jene Banden 
nicht, welche aus dem Auswurf aller Völker bestanden, und denen der Krieg 
eben nur ein Handwerk war*). 
Selten waren nun die Fürsten reich genug, die Söldner, wenn der Krieg 
lange dauerte, vollständig zu bezahlen: da mußte man es deuu dulden, daß 
sie sich selbst bezahlt machten, indem sie auch im befreundeten Lande raubend 
und plündernd umherstreiften. Wollte es ein Feldherr strenger mit ihnen 
halten, so empörten sie sich und kündigten ihm den Dienst auf; deuu sie waren 
sicher, auderswo bald wieder angeworben zu werden. Wurden sie abgedankt, 
so zogen sie als sogenannte gardende oder bettelnde Knechte umher und ver¬ 
übten in Haufen vereinigt allen Unfug und Frevel an den armen Baueru, 
welche überhaupt vou diesem Unwesen am härtesten betroffen wurden. 
Man hätte dem Uebel abhelfen können, wenn sich Adelige und Ritter 
dazu verstanden hätten, für ihre Kriegspflicht gewisse Geldsummen zu zahlen, 
um davon eine stehende Landmiliz zu besolden; aber wenn die Gefahr nicht 
vor der Thür stand, halfen alle Mahnungen und Bitten des Fürsten nichts; 
wenn dagegen der Feind schon anrückte, war es zu jener Einrichtung zu spät. 
Man mußte dann schleunigst Söldnerhaufen um theuern Lohn werben und 
zehnmal mehr zahlen, als eine ordentliche regelmäßige Miliz gekostet hätte. 
Durch die großen Kosten der Söldnerkriege stieg nach und nach die Geld¬ 
noth der Fürsten auf's Höchste; um sich zu helfen, ließen sie leichtes und im¬ 
mer leichteres Geld prägen, wodurch wieder Verwirrung und allerlei Noth¬ 
stände in Handel und Wandel kamen. Die Steuern mußten wiederholt erhöhet 
werden, indem der Kurfürst gegen alle rechtliche Einwendungen der Stände 
geradezu erklärte: „Nolh kenne kein Gebot." 
Der Zug englischer Söldner durch die Marken. Wie es nun schon 
brim Beginn des dreißigjährigen Krieges mit den Söldnerzügen in der Mark 
zuging, und wie schwach sich dabei die Regierung Georg Wilhelm's zeigte, 
davon giebt das Beispiel einer englischen Söldnertrnppe hinreichend Zeugniß. 
Dreitausend Engländer, welche ein Oberst Grey für den reformirten König 
Friedrich von Böhmen angeworben hatte, sollten von der Elbe her durch die 
Marken ihren Weg nach Böhmen nehmen, das zügelloseste Gesindel, zum 
Theil ans Gefängnissen herbeigeströmt, fast ohne alle Waffen und in Lumpen 
gekleidet. Der Schrecken, welchen sie vor sich her verbreiteten, vermehrte sich 
noch, als unter ihnen eine ansteckende Seuche ausbrach. Die lutherischen Be¬ 
wohner der Mark waren überdies ungehalten, daß ihre Regierung diesen r e - 
•) Stenzel, I. 433 ff.
	        
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