Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Bündniß mit Holland. 165 
des großen Kurfürsten. Die Grundlagen seiner Macht im eigenen Lande 
waren jetzt überall befestigt, der Berkehr neu belebt, die Gewerbthätigkeit 
und die öffentliche Wohlfahrt in neuem, frischem Erblühen; Friedrich Wil¬ 
helm hatte über ein zahlreiches Heer und über die Mittel zu dessen Besol¬ 
dung zu gebieten; sein Ruf als Krieger und als Staatsmann war schon in 
allen Ländern verbreitet, und alle Staaten bewarben sich um seine Bundes- 
genossenschaft. 
Der große Kurfürst erkannte die Bedeutung dieser neuen Stellung, er 
wußte, daß er nicht mehr als untergeordneter deutscher Reichsfürst,sondern als 
Fürst eines selbstständigen Staates unter den Machthabern Europa's auftreten 
durfte: war er auch au Macht und Einfluß den größten Fürsten Enropa's 
nicht gleich, so war doch sein Ansehen bereits fest genug begründet, um bei 
den Welthändelu durch sein Hinneigen aus die eine oder die andere Seite sehr 
viel zur Entscheidung beizutragen. Er war der Mann dazu, eine solche Stel¬ 
lung wohl zu benutzen, uud wartete nur auf eine Gelegenheit, um solchen 
Einfluß wirklich auszuüben: er achtete aufmerksam auf alle Ereignisse und 
knüpfte einstweilen durch Gesandtschaften überall Verbindungen an, um im 
rechten Augenblick zum Handeln bereit zu sein. 
Bündniß mit Holland; Krieg gegen Frankreich. Ludwig XIV. 
von Frankreich war der Mittelpunkt, von welchem damals die politische Be¬ 
wegung in Europa ausging. Nachdem er alle widerstrebenden Kräfte im 
eigenen Lande überwunden und eine unumschränkte Herrschaft, wie keiner 
seiner Vorgänger, begründet hatte, richtete er seine beharrliche und gewandte 
Staatsklugheit darauf, auch in dem europäischen Staatensystem das Über¬ 
gewicht Frankreichs zu sichern, wobei ihm alle Mittel der List und der Ge¬ 
walt gleicher Weise dienen mußten. Sein Augenmerk war jetzt auf die Er¬ 
werbung der spanischen Niederlande gerichtet. Durch ein Bündniß zwischen 
Holland, England und Schweden (Triple-Allianz) wurden seine Absichten 
fürerst vereitelt, aber kaum hatte er den Frieden zu Aachen (1668) abge¬ 
schlossen, so dachte er von Neuem auf Rache an Holland und suchte zu diesem 
Zwecke nach Bundesgenossen unter den europäischen Fürsten. Auch bei dem 
Kurfürsten Friedrich Wilhelm machte er solche Versuche, fand aber hart¬ 
näckigen Widerstand; als er ihn zu einem Bündniß nicht zu bringen ver¬ 
mochte, verlangte er wenigstens Parteilosigkeit, aber auch hierüber verweigerte 
der Kurfürst jede bindende Erklärung. Derselbe war durch Bande des Blutes 
und der Freundschaft mit dem Hause Orauieu und durch Staatsrücksichten 
mit der holländischen Republik zu eng verbunden, als daß er hätte darauf 
verzichten sollen, dieselben im Nothfalle zu unterstützen. Kurz vor dem Aus¬ 
bruche des Krieges schickten die Holländer selbst eine Gesandtschaft nach 
Berlin, boten ein Bündniß und Geld zur Ausrüstung der kurfürstlichen 
Hülsstruppeu an. Friedrich Wilhelm verpflichtete sich, binnen zwei Monaten 
20,000 Mann marschfertig zur Unterstützung der Holländer zu stellen und 
nach Westphalen zu führen, wenn sie angegriffen werden sollten. Schon hatte 
Ludwig XIV. wirklich die Republik zu Wasser und zu Lande angegriffen, mit 
seinen Truppen einen großen Theil der holländischen Provinzen überschwemmt 
und Amsterdam selbst in dringende Gefahr gebracht; ganz Europa war über¬ 
rascht und wie betäubt durch den raschen französischen Einbruch, als Friedrich
	        
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