Der Kurfürst und Ludwig XIV.; Bund mit Oesterreich. 175
Häuser der Protestanten geschickt, um mit Gewalt den Uebertritt zmn Katho¬
licismus zu erzwingen. Die Evangelischen, welche ihnen zn widerstehen wag¬
ten, mußten Schmach, Elend und die bittersten Verfolgungen über sich ergehen
lassen, wurden in die Gefängnisse, auf die Galeeren, sogar aufs Blutgerüste
geschleppt. Um ihrer Glaubenstreue auch die Zuflucht ins Ausland unmög¬
lich zu machen, wurde ihnen die Auswanderung verboten; so streng indeß die
Grenzen bewacht wurden, so fanden dennoch an 50,000 Familien Gelegen¬
heit, den Boden des Vaterlandes zu verlassen, Leute, welche sich fast überall
durch ihre ernste Frömmigkeit und durch regsamen Fleiß die Achtung ihrer
neuen Mitbürger zu erwerben wußten. Mit offenen Armen wnrden sie in
den meisten protestantischen Ländern ausgenommen; aber unter allen Fürsten
war Friedrich Wilhelm von Brandenburg der erste, der ihnen mit thätiger
Hülfe entgegenkam. Unmittelbar nach der Aufhebung des Edicts von Nantes
lud er durch eine öffentliche Bekanntmachung die flüchtigen Protestanten ein,
in sein Land zu kommen, und verhieß ihnen allen Schutz und alle Unterstützung,
der sie zur Begründung eines neuen Hausstandes bedürftig wären. Allent¬
halben waren seine Gesandten angewiesen, sie auf der Reise zu unterstützen
und für ihr Fortkommen auf jede Weife zu sorgen. Er ließ ihnen die freie
Wahl des Wohnortes, gab ihnen Bauplätze in Städten und Dörfern nebst
dem Baumaterial, gleiche Rechte und Freiheiten mit seinen übrigen Unter¬
thanen , Geld und andere Unterstützungen zur Errichtung von Fabriken und
Manufaetureu, gewährte ihnen freie Religionsübung, den Unterhalt der Geist¬
lichen, ein eigenes Confistorinm, Kirchen und Schulen. Die Vornehmeren,
welche nach Berlin kamen, wurden vom Kurfürsten persönlich mit dem größten
Wohlwollen ausgenommen; mit lebhafter Theilnahme ließ er sich von ihnen
ihre Schicksale erzählen und stellten sie bei seinem glänzenden Hofe oder im
Heere oder in bürgerlichen Aemtern an. An 20,000 nützlicher Unterthanen
wurden auf diese Weise dem braudenburgischeu Staat gewonnen, welche in
Berlin und an anderen Orten die sogenannten französischen Colonien
bildeten.
Natürlich war Ludwig XIV. über diesen Schutz seiner verfolgten Unter¬
thanen sehr erbittert, beschwerte sich darüber in sehr empfindlicher Weise, in¬
dem er auch erwähnte, er habe sich nie um die Angelegenheiten der katholischen
Unterthanen des Kurfürsten gekümmert, so möge sich dieser auch nicht in die
der französischen Protestanten mischen. Friedrich Wilhelm antwortete ihm
jedoch sehr entschieden. Er geißelte nochmals sehr scharf das Verfahren des
Königs gegen die Protestanten und fuhr dann fort: Er verfolge die Katholiken
nicht und der Köuig möge nur seine evangelischen Unterthanen so behandeln,
wie er seine katholischen, dann würden sie sehr zufrieden sein. Er habe es
sich besonders angelegen sein lassen, Katholiken und Evangelische gleichmäßig
zu schützen, Allen Gewissensfreiheit zu gönnen und die Katholiken auch zu
den städtischen und höheren Aemtern zuzulassen.
Der Bruch zwischen Frankreich und dem Kurfürsten war jetzt entschieden
und die Folge davon war, daß sich dieser wieder um so enger an den Kaiser
anschloß. Es kam am 22. März 1686 zwischen Brandenburg und Oesterreich
ein geheimer AllianztractatznBerlinzn Stande, in welchem Friedrich
Wilhelm versprach, in allen deutschen und europäischen Angelegenheiten mi§