302 Erste Sorgen nach dein Frieden.
lichen Einflüsse des französischen Lebens und Treibens diese Gefahr nur er¬
höhten, ging jetzt auf ein Mal ein frischer, lebendiger Zug durch die deutscheu
Völker. Die Heldeuerscheinnng Friedrich's fesselte und entzückte alle Blicke,
alle deutschen Herzen fühlten sich gehoben durch den Ruhm des deutschen
Kriegers, durch die Bewunderung, die er und sein Volk überall in ganz
Europa einflößte». Ein solches Beispiel wirkte läuternd und anregend für
ein gauzes Volk, und wirklich fällt in die Zeit während und gleich nach dem
siebenjährigen Kriege der neue kräftige Aufschwung deutschen Nationalbewußt¬
seins und deutscher Geistesbildung, welcher seitdem so reiche und schöne
Früchte gebracht hat.
36. Friedrich der Große als Regent.
Erste Sorgen nach dem Frieden. Preußen war als der jüngste und
der kleinste in die Reihe der Hauptstaaten Europa's eingetreten; sollte es
seine ruhmvolle Stellung unter denselben behaupten, so mußten die Kräfte des
Landes immer mehr durch eine sorgfältige, weise Verwaltung gehoben und
entwickelt werden, durch innere Tüchtigkeit mußte das preußische Volk er¬
setzen, was dem Staate an äußerem Umsauge fehlt. Dies erkannte Friedrich
sehr wohl, und fast zu größerem Ruhme als seine herrlichen Kriegsthaten ge¬
reicht ihm die landesväterliche Weisheit, womit er alle Keime der Größe und
Wohlfahrt Preußens zu entwickeln bemüht war. Auch hierin brauchte er nur
in den Wegen fortzuwaudelu, welche die meisten seiner trefflichen Vorfahren
betreten hatten: er that es aber mit der eigenthümlichen Kraft und Geistes¬
größe, welche ihn zu einem der ausgezeichnetsten Fürsten aller Zeiten machten.
Nach dem Schluß des siebenjährigen Krieges fand er einen großen Theil
seines Landes schrecklich verheert, Handel und Gewerbe darniedergedrückt,
viele einst blühende Gegenden verarmt: um den Bedürfnissen des kostspieligen
Krieges zu genügen, hatte er sich in den letzten Jahren genöthigt gesehen,
schlechteres Geld prägen zu lassen, eine Maßregel, durch welche immer das
Vertrauen und die Sicherheit des gewerblichen Verkehrs gestört wird. So
galt es denn, sürerst die allgemeine Zuversicht wieder zu erwecken und auf
allen Seiten des öffentlichen Lebens hülfreich einzugreifen. Friedrich war der
Mann dazu, die Wunden, welche der Krieg geschlagen hatte, schnell wieder zu
heilen und sein Land zu neuer Blüthe zu erheben.
Vor Allem wollte er dem Landbau schleunig aufhelfen; es fehlte den
Bauern in den verwüsteten Landestheilen an Korn zur Aussaat und an Zug¬
vieh, das Feld zu bestellen. Friedrich schaffte Rath; er hatte in feinen Maga¬
zinen noch über 40,000 Scheffel Getreide, die er in der Aussicht auf weiteren
Krieg hatte vorräthig halten lassen. Sofort nach dem Friedensschluß ließ er
diese Vorräthe an die Landleute vertheilen, damit sie das Getreide zur Aus¬
saat benutzen könnten; zu gleicher Zeit wurden 35,000 Pferde, die für die
Armee nicht mehr nöthig schienen, den Bauern zur Bestellung des Ackers ge¬
geben. Auch mit baarem Gelde leistete der fürsorgliche Fürst kräftige Hülfe;
mehrere Millionen Thaler wurden auf die einzelnen Provinzen vertheilt,
Schlesien allein, welches ant meisten gelitten hatte, erhielt 3 Millionen. In
vielen Gegenden wurden die Abgaben für einige Zeit erlassen, damit die