312 Strenger Gerechtigkeitssinn; der Müller von Sanssouci.
König. Ein Juslizkollegium," fügte er hinzu, „das Ungerechtigkeiten ausübt,
ist gefährlicher und schlimmer wie eine Diebesbande: vor der kann man sich
schützen, aber vor Schelmen, die den Mantel der Justiz gebrauchen, vor denen
kann sich kein Mensch hüten; die sind ärger, wie die größten Spitzbubeu, die
in der Welt sind, und meritiren eine doppelte Bestrafung/' Den Großkanzler
von Fürst entließ er mit den Ausdrücken der größten Ungnade aus seinem
Amte, die drei Räthe wurden ebenfalls abgesetzt und auf Festung gebracht.
Dasselbe widerfuhr den Richtern, welche früher in der Sache zu entscheiden
gehabt hatten. Der Vorfall erregte nicht in Preußen allein, sondern in ganz
Europa das allgemeinste Aufsehen: überall wurde die strenge Gerechtigkeits¬
liebe des Königs gepriesen, welche auch dem Geringsten seiner Unterthanen
sein Recht zu verschaffen bemüht fei. Auch ist nicht zu läugnen, daß das Bei¬
spiel, welches er hier aufgestellt, gewiß einen tiefen Eindruck auf die Richter
machte. Um so inehr bleibt zu bedauern, daß gerade in diesem Falle, wo er
sich gegen seine Gewohnheit einen Machtspruch erlaubte, sein Zorn auf un¬
schuldige Häupter fiel; denn es darf als sicher angenommen werden, daß der
als ein gerechter und redlicher Mann allgemein geachtete Großkanzler auch
in dieser Sache streng nach seinem Gewissen gehandelt hatte. Auch wurden
ihm, wie den entlassenen Räthen, viele Zeichen der öffentlichen Theilnahme
in Berlin dargebracht. Dennoch hat die Arnold'sche Sache wegen der dabei
kundgegebenen strengen Absichten des Königs viel dazu beigetragen, das Ver¬
trauen des Volkes zu seiuer Gerechtigkeitsliebe zu erhöhen. Solches Ver¬
trauen verdiente er auch in vollstem Maße. Noch bei seiner letzten Reise nach
Preußen im Jahre 1784 sagte er zu einem neuernannten Präsidenten: „Ich
habe Ihn zum Präsidenten gemacht und ich muß Jhu also keimen lernen. Ich
bin eigentlich der oberste Justizkommissar in meinem Lande, der über Recht
und Gerechtigkeit halten soll; aber ich kann nicht Alles bestreiten und muß
daher solche Leute haben, wie Er ist. Ich habe eine schwere Verantwortung
auf mir, denn ich muß nicht allein von allem Bösen, das ich thue, sondern
auch von allem Guten, das ich unterlasse, Rechenschaft geben. So auch Er,
Er muß durchaus unparteiisch und ohne Ansehen der Person richten, es sei
Prinz, Edelmann oder Bauer. Hört Er, das sag' ich Ihm, sonst sind wir
geschiedene Leute. Hat Er Güter?" — „Nein, Ew. Majestät."— „Will
Er welche kaufen?" — „Dazu habe ich kein Geld, Ew. Majestät." „Gut,
so weiß Er, was Armuth ist, und so muß Er sich um so viel mehr der Be¬
drängten annehmen."
Wie sehr in Folge solcher Gesinnung des Köuigs das Vertrauen des
Volkes zur Justizpflege stieg, beweist unter Anderem die weltberühmte Ge¬
schichte des Müllers von Sanssouci. Bei der Anlage des Schlosses
Sanssouci war dem Könige eine Windmühle sehr im Wege; er ließ den Be¬
sitzer derselben zu sich kommen, bot ihm an, ihm die Mühle abzukaufen, und
versprach ihm außer einer beträchtlichen Summe noch eine andere, bessere
Mühle. Der Müller aber wollte sich von dem ererbten väterlichen Besitze
nicht trennen und lehnte alle Anträge des Königs ab. Verdrießlich über sol¬
chen Widerstand drohete ihm Friedrich, er solle nur bedenken, daß ihm die
Mühle allenfalls auch gegen seinen Willen genommen werden könne. Der
schlichte Mann ließ sich aber nicht einschüchtern, sondern erwiderte Zuversicht-