S2Q Voltaire; des Königs Diener.
ließ. In Folge weiterer hierdurch herbeigeführten Vorgänge sah sich der
Franzose endlich genöthigt, unter dem Scheine eines Urlaubes Preußen für
immer zu verlassen. Auf der Neise wurde er sogar in Frankfurt am Main
noch durch den Residenten des Königs verhaftet und zur Herausgabe wich¬
tiger Schriften Friedrichs und des Kanunerherrnschlüssels genöthigt. So
groß vorher seine Bewunderung für Friedrich gewesen war, so bitter wurde
jetzt sein Haß; durch giftige Schmähschriften suchte er den früheren Gönner
zu verunglimpfen, welcher ihm bei Gelegenheit die derbsten Antworten nicht
schuldig blieb. Später wurde die literarische Corresponden; zwischen Beiden
noch einmal angeknüpft, aber so oft dann Voltaire auch schmeichelnd und bit¬
tend die ihm abgenommenen Orden und den Kammerherrnschlüssel wieder be¬
gehrte, Friedrich war nicht mehr zu bewegen, seinen Wünschen zu willfahren.
Wie wenig Voltaire beliebt war, zeigt auch eine Anekdote über die Rache,
die ein Page an ihm nahm. Er speiste einst an des Königs Tafel. Ein Page
stieß ihn bei dem Aufträgen einer Schüssel mit dem Ellenbogen in die Frisur,
daß der Puder umherstäubte. Voltaire wurde darüber sehr aufgebracht. „Was
giebts?" fragte der König. „Sire," versetzte Voltaire, „ich war unter den
Klauen eines pommerschen dummen Thiers." Der König fand die Antwort
sehr unpassend, noch mehr aber verdroß sie natürlich den Pagen, welcher auf
Rache sann. Auf einer Reise des Königs, an welcher auch Voltaire, der ein
sehr häßlicher 9J?ann war, Theil nahm, erzählte der Page auf einer Station
den Bauern: in dem einen Wagen (in dem eben Voltaire sich befand) säße
der große Leibaffe des Königs, ein gewaltig böses Thier, das immer heraus
in die Freiheit wolle; sie möchten es ums Himmels willen nicht heraus lassen.
Als nun Voltaire unterwegs aussteigen wollte, widersetzten sich die Bauern
und droheten ihm mit der Peitsche, wenn er nicht still säße. Beim neuen
Vorspann erzählten es die Bauern nun schon weiter, und es wurde im ganzen
Dorfe bekannt, des Königs Leibaffe sei in dem einen Wagen. Jeder Bauer
wollte den Affen sehen, und sie fingen endlich an, ihn mit Knitteln zu necken,
und schlugen ihn auf die Finger, wenn er darnach greifen wollte, — bis ein
Lakai des Königs der Sache ein Ende machte.
Vorsichtiger als Voltaire war sein Landsmann, der gelehrte d'Alem-
bert. welchen Friedrich auch gern an seinen Hos gezogen hätte, der aber allen
Aufforderungen widerstand, obwohl er mit dem Könige fortwährend die in¬
nigste und geistreichste Correspondenz unterhielt und von demselben auch ein
Jahrgehalt annahm.
Friednch's Verhalten zu seinen Dienern. Friedrich legte aus die
freundschaftlichen Verbindungen, welche er bis an sein Lebensende in reichem
Maße unterhielt, einen um so größeren Werth, als er die weit höheren Freu¬
den eines glücklichen Hauswesens in Folge des ihm bei seiner Verheiratung
angethanen Zwanges nicht kennen lernte. Wohl wäre er würdig gewesen,
ächtes Familienglück zu genießen; das zeigt seine Zärtlichkeit gegen seine Ge¬
schwister und Verwandte, wie auch das freundliche Verhältniß zu seiner ganzen
Umgebung bis zum niedrigsten Lakaien herab. So sehen wir den großen
Mann an jedem Weihnachtsfeste seine Dienerschaft aus die gemüthlickste Weise
beschenken. Seine Gaben waren bei Verheiratheten auf deren Kinder berech¬
net. Einem Lakaien, der nur Töchter hatte, schenkte er Puppen, kleine Eimer