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kleinen Verwüster. Diesen nützlichen Vogel schießen die unklugen Menschen
tot und heften seinen Leichnam zum Zeichen ihrer Dummheit, wie sie aber
meinen, als abschreckendes Beispiel sür seine Brüder an die Scheuertore. Und
doch liefert der Bussard selber uns den Beweis seiner völligen Schuldlosigkeit.
Hier finde ich ein grauliches Klümpchen. Es ist das sogenannte „Gewölle" deS
Vogels. Er schlingt nämlich seine Beute unzerkleinert herunter. Die unver¬
daulichen Knochen und Haare würgt er dann zu einem Klumpen zusammen¬
geballt wieder heraus. Wir finden graue und bräunliche Härchen, die von
Mäusen stammen, dazu die Knochen dieser Tiere, zierlich vom Fleisch entblößt,
so daß wir ein ganzes Skelett daraus zusammenstellen könnten, ferner
Schlangen- und Froschknöchelchen. Dieses Gewölle ist das beste Zeugnis für
den Vogel.
Doch was ist das? Was bewirft uns von obenher? Dort im Gipfel der
Tanne sitzt ein Eichhörnchen. Es öffnet eine Haselnuß, die es zierlich
zwischen den langen Fingern seiner Vorderpfoten hält und mit den scharfen
Schneidezähnen an der Spitze benagt. Es verfährt nicht viel anders wie ihr
bei ähnlicher Tätigkeit: wie euch, so ist auch ihm die Stelle der Nuß genau
bekannt, wo die Schale so dünn ist, daß schon nach leichtem Schaben ein
schmaler Riß erscheint. Wie ihr die Klinge eures Taschenmessers, so setzt das
Eichhörnchen seine langen, meißelförmigen, oberen Nagezähne in den Spalten
ein: ein Druck, und die Schalenhälften fallen herunter, der schmackhafte Kern
verschwindet im Mäulchen und wird zwischen den raspelähnlichen Backenzähnen
verkleinert, während die Nagezähne vielleicht schon mit dem Öffnen einer
zweiten Nuß beschäftigt sind. Nun wirft es die leere Schale herunter, die
durch die scharfen Nagezähne wie durch eine Säge halbiert ist. Dort taucht ein
zweites Tierchen auf. Es hält zwischen seinen Pfötchen einen Tannenzapfen,
den die scharfen Zähne von untenher entblättern; Schuppe auf Schuppe sinken,
einem Regen gleich, die scharf abgebissenen zu uns hernieder. Das Eichhörnchen
zieht übrigens Nüsse und Eicheln, auch Vuchenkerne, Linden-, Ahorn- und
Weißbuchenfrüchte dem harzig schmeckenden Tannensamen vor, wenn es nur
genug findet. Oft versteckt es Früchte, um einen Vorrat für die Zeit der Not
zu haben. Vergißt es dann die Stelle, wo sein Schatz lagert, so geht manchmal
zur Verwunderung der Menschen ein Eichbaum auf, wo doch niemand ihn
gepflanzt hat. So ist das Eichhörnchen, wie der Eichelhäher, ein unfreiwilliger
Forstbeamter, stiftet aber gleichfalls im ganzen mehr Schaden als Nutzen.
Dringt es vorübergehend in unseren Obstgarten ein, so verkünden uns bald
abgebrochene und über den Boden verstreute Äpfel und Birnen seine An¬
wesenheit. Aus einem Nageloch hat es die wahrhaften Kerne herausgeholt;
das uns so wohlschmeckende Fleisch aber verschmäht es. Im Walde stellt es
den Eiern der Vögel nach und beißt im Frühjahr die jungen Triebe der Tanne
ab, um zu den versteckten Knospen zu gelangen, die es abbricht und von unten¬
her ausnagt. Die frischgrünen Abbisse erscheinen wie ein freundlicher Schmuck
der Waldung, bedeuten aber eine schlimme Schädigung der Bäume. Seiner