Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

©rojj Dorschen. 4Q7 
tonnet in feinem Rücken. Die Preußen und Russen wollten ihm dies Mal 
zuvorkommen, ehe er sich selbst das Schlachtfeld gewählt, und drangen plötzlich 
gegen die Dörfer Groß- und Kleiu-Görscheu u. a., die der Marsch all 
Ney noch besetzt hielt, mit aller Kraft vor. Zuerst erstürmte Blücher mit 
Ungestüm Groß-Görschen; um die anderen Dörfer entspann sich ein mörde¬ 
rischer Kampf. Obwohl die Stellung der Franzosen günstiger war, siegte doch 
überall der Preußen und Russen unwiderstehliche Tapferkeit, und schon waren 
die meisten Dörfer im Sturme genommen, als Napoleon selbst, der auf den 
Schall des Kanonendonners mit seinen Garden umgekehrt war, auf dem 
Schlachtfelde ankam. Mit feurigen Worten begeisterte er seine Schaaren, 
um den Verbündeten die errungenen Vortheile zu entreißen. Von Neuem 
entbrannte der erbittertste, blutigste Kampf; schon hatten die preußischen 
Garden die Hauptstellung des Feindes gestürmt und mehrere Bataillone des 
Feindes in die Flucht geschlagen. Da ließ Napoleon achtzig Stück Geschütz 
auf einen Punkt versammeln, um durch ein unwiderstehliches Feuer die Geg¬ 
ner niederzuschmettern. Ganze Reihen der unerschrockenen Kämpfer wurden 
mit einem Male zu Boden gestreckt, die Dörfer geriethen in Brand und 
mußten verlassen werden. Zugleich führte der Vicekönig Eugen neue Schaaren 
herbei und drängte die russische Schlachtordnung. Dennoch wichen die Ver¬ 
bündeten nur Schritt vor Schritt dem mörderischen Feuer und hielten stand¬ 
haft den größten Theil des Schlachtfeldes bis zum Einbrüche der Nacht. Ja 
noch in tiefer Dunkelheit wagte der nie rastende Blücher einen plötzlichen 
Reiterausfall auf die überraschten Feinde, welche die ganze Nacht über, in 
Vierecken zusammengedrängt, unter den Waffen stehen blieben. Die Ver¬ 
bündeten hatten mit nur 70,000 Mann gegen 120,000 Feinde gekämpft, aber 
kein einziges Siegeszeichen, keine Fahne und keine Kanone verloren. Blücher 
selbst, immer mitten im heftigsten Kampfe, war verwundet worden; schwerer 
als er der General Scharnhorst, welcher leider nach kurzer Zeit starb und 
so die Früchte seines hingebenden Sorgens und Mühens für das Vaterland 
nicht mehr reifen sah. 
War auch der Sieg von den Verbündeten nicht errungen, so gab doch 
die Schlacht bei Groß-Görschen (2. Mai 1813) rühmliches Zeugniß 
von dem Geiste unerschrockenen Heldenmuthes, welcher die Freiheitskämpfer 
beseelte. Durch ganz Deutschland ging die erhebende Kunde von der Kühn¬ 
heit und Todesverachtung der jungen preußischen Krieger. 
Die verbündeten Herrscher, welche selbst der Schlacht beigewohnt hatten, 
wollten ihre ermüdeten Heere nicht sofort noch einmal gegen den zahlreicheren 
Feind führen und beschlossen deshalb den Rückzug an die Elbe, der in der 
größten Ruhe und Ordnung bewerkstelligt wurde. 
Napoleon rückte nun in Dresden ein (8. Mai). Der König von 
Sachsen hatte zwar dem Ruse der Verbündeten zum Anschlüsse an ihre Sache 
nicht Folge geleistet, doch strebte er darnach, sich von den Fesseln der fraiu 
zösischen Abhängigkeit los zu machen und unterhandelte in Prag mit dem 
Kaiser von Oesterreich, um sich eine neutrale Stellung zu sichern. Napoleon 
aber ließ ihm sofort entbieten, sich nach seiner Hauptstadt zurückzubegeben 
und seine Truppen zur Verfügung der Franzosen zu stellen, widrigenfalls 
L-achsen als erobertes Land behandelt werden solle. Der König kehrte darauf
	        
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