Friedrich Wilhelm's III. letzter Sitte. 447
Am 10. Juni war die hohe Leiche im königlichen Schlosse ausgestellt:
in einen schlichten Mantel gehüllt, die Feldmütze auf dem Haupte, lag der
Entschlafene da. Am 11. Juni war das feierliche Leichenbegängnis?; in der
Domkirche wurde der Sarg geweiht, in der folgenden Nacht brachte man die
theure Leiche nach Charlottenburg, wo Friedrich Wilhelm nun wieder mit
seiner Gattin Luise vereint ist. Am Gedächtnißtage ihres Todes aber wurde
nach des Königs Bestimmung im ganzen Lande die Trauerpredigt über die
Worte Jacobi 1, 12 gehalten:
„Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet, denn nachdem er
bewähret ist, wird er die Krone des Lebens empfahen, welche Gott
verheißen hat denen, die ihn lieb haben."
Wenige Tage nach der Beisetzung Friedrich Wilhelm's III. machte sein
Nachfolger zwei Schriftstücke bekannt, welche der König schon am 1. December
1827 vollzogen hatte, das eine: „Mein letzter Wille" bezeichnet, mit
dem Gedenkspruche: „Meine Zeit in Unruhe, Meine Hoffnung in Gott," —
das andere für den Kronprinzen bestimmt, um ihm seine schweren Herrscher¬
pflichten ans Herz zu legen. Beide werden als das „Testament des
Königs Friedrich Wilhelm III." verehrt.
Indem Friedrich Wilhelm IV. diese Dokumente der Oeffentlichkeit über¬
gab, fügte er die Worte hinzu:
„Der Heldenkönig aus unserer großen Zeit ist geschieden und zu seiner
Ruhe, an der Seite der Heißbeweinten und Unvergeßlichen, eingegangen. Ich
bitte Gott, den Lenker der Herzen, daß er die Liebe des Volkes, die Friedrich
Wilhelm III. in den Tagen der Gefahr getragen, Ihm Sein Alter erheitert
und die Bitterkeit des Todes versüßt hat, auf Mich, Seinen Sohn und Nach¬
folger, übergehen lasse, der Ich mit Gott entschlossen bin, in den Wegen des
Vaters zu wandeln. Mein Volk bete mit Mir um Erhaltung des segens¬
reichen Friedens, des theuern Kleinods, das Er uns im Schweiße Seines
Angesichts errungen und mit treuen Vaterhänden gepflegt hat. — Das weiß
Ich — sollte dies Kleinod je gefährdet werden — was Gott verhüte — so
erhebt sich Mein Volk wie Ein Mann auf Meinen Ruf, wie Sein Volk
sich auf Seinen Ruf erhob.
Solch ein Volk ist werth und fähig, königliche Worte zu vernehmen, wie
die, welche hier folgen, und wird einsehen, daß Ich den Anfang Meines
Regiments durch keinen schönern Act, als die Veröffentlichung derselben be¬
zeichnen sann.“