Des Prinzen weitere militärische Laufbahn; Besuche in Rußland: Reise nach Italien. 489
seines Vaters, wie nachher unter der seines Bruders galt er mit Recht als
die Seele des preußischen Militärwesens. Unter fortwährender thätiger
Betheiligung an allen Zweigen des Dienstes stieg er rasch zu den höchsten
Commandos auf. Ueberall griff er selbstthätig ein, und die Armee blickte
mit freudigem Stolz auf tfjti als ein Muster militärischer Tüchtigkeit. Auch
König Friedrich Wilhelm III. erkannte die Leistungen des Prinzen gern an:
als er selbst mit dem Kronprinzen im Jahre 1818 eine Reise nach Rußland
machte, übertrug er vertrauensvoll dem Prinzen Wilhelm die obere Leitung
aller militärischen Angelegenheiten des Staats. Im folgenden Jahre gab er
ihm Sitz und Stimme im Kriegsministerium und hierdurch Gelegenheit, sich
auch in den militärischen Verwaltnngs- und Organisations-Angelegenheiten
eben so gründliche Erfahrungen zu sammelu, wie er sie im praktischen Dienst
bereits erworben hatte. Seitdem fanden alle wichtigeren militärischen Be¬
rathungen unter seiner Betheiligung und bald auch unter seiner Leitung statt.
Außerdem erhielt er durch besondere Commandos und Jnspectionsanfträge
neue Gelegenheit, die gesammten Armeeverhältnisse nach allen Seiten aus
persönlicher Anschaunug genau keimen zu lernen.
Durch die enge Familienvcrbindnng, welche die Vermählung der Prin¬
zessin Charlotte mit dem Sohne Kaiser Alexanders von Rußland, mit dem
Großfürsten, späteren Kaiser Nicolaus, zwischen dem preußischen und dem
russischen Hofe herbeigeführt hatte, wurde namentlich Prinz Wilhelm in den
regsten Verkehr mit Petersburg unv mit den russischen Militärverhältnissen
gezogen. Ihm war schon bei der Vermählung der Auftrag geworden, die er¬
lauchte Schwester nach Petersburg zu geleiten und das preußische Königs¬
haus bei den dortigen Feierlichkeiten zu vertreten: mit großen Ehren dort
ausgenommen, benutzte er vie Gelegenheit, in Petersburg, wie in Moskau,
wo eine große Truvveuzusammeuziehung stattfand, das russische Militärwesen
näher kennen zu lernen. Seine persönlichen Beziehungen zum russischen Hose
wurden seitdem sehr rege und innig und veranlaßten in den nächsten Jahren
öfter erneuerte Besuche iu Rußland; wiederholt nahm er auch an größeren
russischen Truppenübungen Theil.
Außer den mehrfachen Besuchen des Prinzen in Rußland ist die Reise
zu erwähnen, welche er in Begleituug des Königs und seines Bruders Karl
im Jahre 1822 in Italien machte und welche ihn über Rom bis Neapel,
Pompeji u. s. w. führte.
Des Prinzen Gemahlin und Kinder. Die Vermählung des Prinzen
Karl von Preußen mit der Prinzessin Marie von Sachsen-Weimar führte
auch den älteren Bruder Prinz Wilhelm im Jahre 1827 an den weimari-
schen Hof, wo alsbald die Schwester der Braut, die Prinzessin August a,
seine Blicke fesselte. Ein bekannter Staatsmann schrieb damals an den Frei¬
herrn von Stein: „Prinz Wilhelm ist die edelste Gestalt, die man sehen kann,
der Imposanteste von Allen; dabei schlicht und ritterlich, munter und galant,
doch immer mit Würde. Unsere Prinzessin Auguste schien ihn sehr anzu¬
ziehen und die Berliner träumen schon von einer zweiten Verbindung." Von
dieser Fürstin sagt Wilhelm von Humboldt in einem gleichzeitigen Brief,
nachdem er die Vorzüge der Prinzessin Marie geschildert: „Die Schwester,
die Prinzessin Auguste, soll schon in dieser frühen, kaum der Kindheit ent-