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Sudeten: III. Völkerleben und Liedelungen.
Das Iser-und Riesengebirge ist das am meisten aufgesuchte Reiseziel. Im Hirsch-
berger Tal hat sich die Spitzenklöppelei und Teppichknüpserei stark entwickelt.
Das Waldenburg er Vergland mit seinem hufeisenförmigen Steinkohlenlager steht
in der Weberei an erster Stelle. Die oft viele Km langen Webedörfer sind besonders
charakteristisch.
Der Glatzer Gebirgskessel. 5ln den Gebirgsrändern hat diehausweberei noch ihre
ausgedehnteste Verbreitung? das kümmerliche Leben der Weber hat der Regierung und
einzelnen Menschenfreunden die Überführung in andere Berufe zur gebieterischen Not-
wendigkeit gemacht. Der fruchtbare Glatzer Kessel enthält die zahlreichsten Heilbäder.
III. Zahlreiche Schlachtfelder vor den Sudetentoren. Mit der Wegsamkeit des
mehrfach durchbrochenen Gebirges hängt nicht nur die unregelmäßige Landesgrenze und
ein reger Verkehr zusammen: Diesseits und jenseits der Sudetentore mußten sich in
Kriegszeiten die von N und S heranrückenden Heere begegnen. So sind die Sudeten in
geringerer oder größerer Entfernung von Schlachtfeldern umgeben (INongolenschlacht,
Schleiche Kriege, 1866).
Ein volkreicher Teil Sachsens. Sachsen, der einzige Staat, der im 8 über die
Elbe hinübergreift, hat auch noch einen kleinen Knteil am Sudetengebiet, hier Bautzen
an der Spree, ferner Zittau an der Görlitzer Neiße, Textilindustrie (Damast) und starker
Gemüsebau.
Das industriereiche Sudetengebiet Schlesiens ist außerordentlich volkreich, wenn es
auch an Großstädten fehlt. Görlitz (85 000) zu Füßen der Landskrone an der Neiße,
mit Tuchfabriken, Eisenindustrie, Spielwarenherstellung, in wichtiger Verkehrslage an der
Kreuzung der „hohen Straße" Leipzig^Breslau mit der Bahn nach Nordböhmen. Km
Bober: Landeshut, ferner im hirfchberger Kessel: Hirschberg, wichtige Punkte der Leinen-
Industrie; in der Nähe der letzteren Stadt: Warmbrunn, größtes Sudetenbad- am Rande
des Vorlandes die Töpferstadt Bunzlau. Waldenburg, Kohlenbergwerke, Leinen- und
Porzellanindustrie. In der Nähe Bad Salzbrunn, das „Ems des Ostens". Schweidnitz an
der Weistritz, auf dem Wege zum Landeshuter paß. Km Nordabhang des Eulengebirges
das Weberdorf Langenbielau (20 000). Im Glatzer Gebirgskessel Bad Reinerz; am Be-
herrschungspunkte der Durchgangswege die Festung Glatz, östl. Bad Landeck. Im vor-
land Neiße.
Das norddeutsche Tiesland.
Die großräumigste Landschaft unserer Heimat. Wie am Rande einer Küste breitet
sich das norddeutsche Tiefland nördl. der mitteldeutschen Gebirge aus- es ist ein (ohne
Kölner, Rlünstersche und Leipziger Bucht) dreieckiger Ausschnitt aus dem großen euro-
päischen Tiefland von den Pyrenäen bis zum Ural. Obgleich es fast die Hälfte des
Deutschen Reiches einnimmt, ist es doch von großer Gleichmäßigkeit der Erhebung, denn
nur ganz vereinzelt überragt es die 200 m-Grenze. Dennoch wird es zu Unrecht eine
Tiefebene genannt, da Landrücken im großen, Hügelketten im einzelnen dem Boden 5tb-
wechslung und Mannigfaltigkeit geben. Huf weite Strecken ist es aber auch wirkliche
Ebene. Nirgends in Deutschland findet sich der Raum zu so großen, ganz oder fast ganz
unserem vaterlande angehörenden Strömen wie in dieser bedeutendsten natürlichen Land-
schast. Die Elbe dient gewöhnlich als Grenzlinie zwischen einem östl. und westl. Gebiet,
die nach Größe und Bodengestalt manche Unterschiede zeigen.