Full text: Der kleine Kinderfreund

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Scherenschleifer mit seinem Karren. Sein Rad schnurrte, und er 
saug dazu: 
Ich schleife die Schere «nb drehe geschwind, 
And hänge mein Mäntelchen nach dem Wind! 
Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an und 
sprach: „Euch geht's wohl, weil Ihr so lustig bei Euerm Schleifen 
seid." — „Ja," antwortete der Scherenschleifer, „das Handwerk 
hat einen goldnen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, 
der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber 
wo habt Ihr die schöne Gans gekauft?" — „Die hab' ich nicht ge¬ 
kauft. sondern für mein Schwein eingetauscht." — „Und das 
Schwein?" — „Das hab' ich für eine Kuh gekriegt." — „Und die 
Kuh?" — „Die hab' ich für ein Pferd bekommen." — „Und das 
Pferd?" — „Dafür hab' ich einen Klumpen Gold gegeben, so 
groß wie mein Kopf." — „Und das Gold?" — „Ei, das war 
mein Lohn für sieben Jahre Dienst." — „Ihr habt Euch jederzeit 
zu helfen gewußt," sprach der Schleifer; „könnt Jhr's nun dahin 
bringen, daß Ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn Ihr 
aufsteht, so habt Ihr Euer Glück gemacht." — „Wie soll ich das 
anfangen?" sprach Hans. — „Ihr müßt ein Schleifer werden, wie 
ich. Dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein; das andere 
findet sich schon von selbst. Da hab' ich einen, der ist zwar ein 
wenig schadhaft; dafür sollt Ihr mir aber auch weiter nichts, als 
Eure Gans geben; wollt Ihr das?" — „Wie könnt Ihr noch 
fragen," antwortete Hans; „ich werde ja zum glücklichsten Men¬ 
schen auf der Welt! Habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greife, 
was brauche ich da länger zu sorgen?" Er reichte ihm die Gans 
hin und nahm den Wetzstein in Empfang. „Nun," sprach der 
Schleifer, und hob einen gewöhnlichen schweren Feldstein auf, der 
neben ihm lag, „da habt Ihr noch einen tüchtigen Stein dazu, auf 
dem sich's gut schlagen läßt und Ihr Eure alten Nägel gerade 
klopfen könnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordentlich auf!" 
6.. Hans lud denStein auf und ging mit vergnügtem Her¬ 
zen weiter; seine Augen leuchteten vor Freude. „Ich muß ein 
Glückskind sein," rief er aus; „alles, was ich wünsche, trifft mir 
ein! Indessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen 
war, begann er müde zu werden; auch plagte ihn der Hunger, 
da er allen Vorrat auf einmal in der Freude über die erhandelte 
Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weiter¬ 
gehen und mußte jeden Augenblick Halt machen; dabei drückten ihn 
die Steine ganz erschrecklich. Da konnte er sich des Gedankens 
nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie jetzt gerade nicht zu
	        
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