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14. Pelopidas und Epaminondas (371).
1. Die Spartaner, durch Glück übermüthig geworden, besetzten mitten
im Frieden das freie Theben und verfuhren dort sehr grausam. Viele
angesehene Thebaner wurden entweder, hingerichtet oder mußten fliehen.
Die meisten flohen nach Athen, wo sie Schutz und Sicherheit fanden. Unter
den Verbannten befand sich auch Peloptdas, welchen das Unglück seiner
Vaterstadt tief schmerzte. Er nahm sich vor, der Retter seines Vaterlandes
zu werden. Daher verschwor er sich mit anderen Vertriebenen und Vater¬
landsfreunden, die Tyrannen zu todten. Nachdem alles gehörig berathen war,
zogen die Verschworenen, als Jäger verkleidet, mit Hunden und Jagdgeräth
einzeln in verschiedene Thore Thebens ein. , Kein feindliches Auge hatte bei
dem Schneegestöber auf sie Acht. Ganz still versammelten sie sich in dem
Hause des Charon und erwarteten in ängstlicher Spannung die bestimmte
Zeit. Ein anderer Mitverschworener hatte dem Plane gemäß die beiden
größten Bedrücker am Abend zum Feste eingeladen, wobei er fleißig Wein
einschenkte. Schon waren alle Verschworenen versammelt und gerüstet, als
plötzlich an die Thür geklopft wurde. Es war ein Bote von Archias, der
Charon zum Befehlshaber rief. Alle waren bestürzt, denn der ganze Plan
schien verrathen zu sein; doch bald wurden fte durch die Rückkehr Charons
beruhigt. Archias hatte sich täuschen lassen; fröhlich trank er bis zur
Trunkenheit weiter. Nun kam ein Bote von Athen zu Archias und übergab
einen Brief. „Du möchtest ihn gleich lesen," sprach der Bote, „denn er
enthält Sachen von Wichtigkeit." Der Trunkene aber lächelte und lallte:
„Sachen von Wichtigkeit bis morgen!" und legte den Brief, der die ganze
Verschwörung entdeckte, zur Seite. „So recht," fchrie der Wirt, „jetzt wollen
wir trinken und fröhlich sein; ich habe noch Tänzerinnen bestellt, die gleich
erscheinen sollen!" Die bestellten Tänzerinnen erschienen; — es waren
die Verschworenen, den Dolch unter Weiberkleidern verborgen! Nach kurzem
Tanz stürzten sie aus die verhaßten Tyrannen los und machten sie nieder.
Ueber den Tumult erwachten die Bürger. Sie wußten nicht, was geschehen
war. Als der Morgen graute, wälzte sich ein Menschenstrom durch die
Gassen nach dem Marktplatze. Die Befreier, von Priestern begleitet, waren
in der Mitte. Da trat Epaminondas auf, den die Tyrannen für
ungefährlich gehalten hatten, schilderte die kühne That und rief das ganze
Volk zu den Waffen. Alle folgten freudig dem Rufe, und nach kurzer Zeit
war Theben frei.
2. Epaminondas stammte aus einer verarmten, aber braven Familie.
Seine Armuth war sehr groß. Als sein Oberkleid gewaschen wurde, konnte
er tagelang nicht ausgehen, weil er kein zweites besaß. Trotzdem war er
mit feinem Schicksal zufrieden. Pelopidas wollte feinen Reichthum gern mit
ihm theilen, doch Epaminondas erwiderte ihm: „Ich brauche nichts." Nichts
vermochte ihn von feiner Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit abzubringen. Einem
persischen Gesandten, der mit Säcken Goldes zu ihm kam, um ihn zu
bestechen, entgegnete er: „Mein Freund, wenn die Absichten deines Königs