Object: Kleine Heimatkunde der Provinz Westfalen

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kann. Sicher ist, daß schon 939 zu Schildesche ein adeliges Fräuleinstift, 
dem heil. Johannes geweiht, gegründet wurde, das bis 1802 bestand. 
Die Stifterin war eine fromme, junge Witwe, Marschwidis mit Namen, 
die in dortiger Gegend lebte. Die Gemeinde behielt die schöne große 
Kreuzkirche mit einem sehenswerten Altar und einem Turm, der der 
höchste der ganzen Gegend war. Leider stürzte dieser Turm 1311 ein; 
später wurde ein neuer erbaut, schlank und schön, wenn auch nicht so 
hoch wie der erste. Der Name „Johannisstift" ist auf das Rettung s- 
Haus für verwahrloste Kinder übergegangen, das zwischen dem Dorfe 
und Bielefeld liegt und mit einer Präparandenanstalt verbunden ist. 
Zu Jöllenbeck, etwas seitwärts zwischen Schildesche und 
Enger gelegen, hatten die Ravensberger ihre alte Thing- 
stätte (Versammlungs- und Gerichtsstätte), wovon der Platz 
„np'en Thigge" noch jetzt erinnert. Hier versammelten sich die 
Ritter und die Abgeordneten der Städter und Bauern, um zu 
beraten. 
D.as Städtchen Bünde nördlich von Enger ist in starkem 
Ausblühen begriffen. Es hat viel Tabak- und Zigarrenindustrie. 
Hier wird alljährlich am ersten Mittwoch des Monats Juli das 
große Missionsfest für die Evangelischen im Minden-Ravens- 
berger Lande abgehalten. Bünde liegt an der Else. 
Im Nordosten des .Kreises Herford liegt am linken Weser- 
nfer Vlotho, eine kleine Stadt, rings von ansehnlichen Bergen 
umgeben. Der Name heißt im Volksmunde „Vlauthe" und 
kommt daher, daß die Weser hier „vlauthe", d. i. flach war, so 
daß man quer durchfahren konnte. Auf einem Bergvorsprunge 
oberhalb der Stadt, der „Amthausberg" geheißen, sieht man 
noch die Ruinen einer Burg. Sie wurde die „neue Burg" 
genannt, während die „alte Burg", nachher in ein Kloster ver- 
wandelt, unten im Tale lag, wo jetzt die Stadt steht. An 
dem äußersten Südostrande des Berges oben stand die Schloß- 
kapelle. Die Sage geht, hier liege ein Ritter in einem silbernen 
Grabe begraben. Auf dem Burgplatze war ein tiefer Brunnen; 
er ist leider ganz verschüttet. Die Herrschaft Vlotho 
kam an die Grafschaft Ravensberg und mit dieser an Branden- 
bürg. Im Dreißigjährigen Kriege, im Kriege des Großen Kur- 
fürsten mit den Franzosen und dem Bischöfe von Münster, 
Bernhard von Galen, auch im Siebenjährigen Kriege hat Vlotho 
viel leiden müssen. Aber der Ort erholte sich, und Handel und 
Gewerbe kamen in Flor. Die Lage an der Weser lud zur Schiff- 
fahrt ein, und die Stadt hat Tabak- und Zigarrenfabriken, Kalk- 
brennereien und Steinbrüche, auch eine Bierbrauerei.
	        
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