Päpstliche Ungültigerklärung. - Briefwechsel zwischen Pius IX. u. Wilhelm I. Y
unbeachtet lassen durften, mit Recht den Gesetzen abgeneigt sind, oft
fast in die unglückliche und bedrängte sage von Menschen, welche, von
der Übermacht niedergehalten, sich derselben nicht erwehren können.
Daher will es scheinen, als ob jene Gesetze nicht freien Bürgern ge¬
geben, um einen vernünftigen Gehorsam zu fordern, sondern Sflaven
aufgelegt seien, um den Gehorsam durch des Schreckens Gewalt zu er¬
zwingen.
Das soll jedoch nicht so verstanden werden, als wenn wir glaubten,
daß jene in gerechter Weise entschuldigt seien, welche aus Furcht den
Menschen lieber gehorchen wollten als (Bott; noch viel weniger so, als
ob die gottlosen Menschen, wenn es deren gibt, ungestraft vom gött¬
lichen Richter bleiben würden, welche, allein gestützt auf den Schutz
der bürgerlichen Gewalt, verwegen Pfarrkirchen in Besitz genommen
und den heiligen Dienst in denselben auszuüben gewagt haben. 3m
Gegenteil erklären Wir, daß jene Gottlosen und alle, welche in Zukunft
sich durch ein ähnliches verbrechen in die Regierung der Kirche einge¬
drängt haben, gemäß den heiligen Kanones rechtlich und tatsächlich
der größeren Exkommunikation verfallen sind und verfallen; und XDir
ermahnen die frommen Gläubigen, daß sie sich von dem Gottesdienst
derselben fern halten, von ihnen die Sakramente nicht empfangen,
und so sich vorsichtig des Umganges und Verkehrs mit denselben ent¬
halten, damit nicht der böse Sauerteig die gute Masse verderbe. . . .
7. Briefwechsel der Papstes piu§ IX. und König Wilhelms I.1
Majestät! Alle Anordnungen, welche seit einiger Seit von der Re¬
gierung (Eurer Majestät getroffen werden, zielen immer mehr auf die
Zerstörung des Katholizismus hin. wenn ich indessen bei mir selber über
die Ursachen nachdenke, welche zu jenen sehr harten Maßregeln die Ver¬
anlassung gegeben haben können, so gestehe ich ein, keine zu finden,
Anderseits sagt man mir, daß (Jure Majestät die Haltung Ihrer Regie¬
rung nicht billige und die Strenge der Maßregeln gegen die katholische
Religion nicht gutheiße. Aber wenn es wahr ist, daß (Eure Majestät dies
nicht billigt, und die Briefe, welche Sie in vergangener Zeit geschrieben
hat, würden es zur Genüge beweisen, daß Sie nicht billigen kann, was
alles jetzt geschieht; wenn (Eure Majestät, sage ich, es nicht billigt, daß
von Ihrer Regierung auf der begonnenen Bahn weiter fortgeschritten
wird und die harten Maßregeln gegen die Religion Jesu Christi verviel¬
fältigt werden, die indessen der letzteren zu so großem Nachteile gerei¬
chen, wird (Eure Majestät dann versichert sein, daß dieselben nichts an¬
deres zu Wege bringen, als den Thron (Euer Majestät selber zu unter¬
wühlen? Ich spreche mit Freimut, denn die Wahrheit ist mein panier,
und ich spreche, um einer meiner Pflichten in erschöpfendem Maße nach-
ITtajunle, (Beschichte des Kulturkampfes, S. 378ff.