24 II. Napoleon I.
c) Kbdankungsurlunde des Deutschen Kaisers.1
Wir, Franz der Zweite, von Gottes Gnaden erwählter Römischer
Kaiser usw. Had) dem Abschlüsse des preßburger Friedens war Unsere
ganze Aufmerksamkeit und Sorgfalt dahin gerichtet, allen Verpflichtun¬
gen, die Wir dadurch eingegangen hatten, mit gewohnter Treue und Ge¬
wissenhaftigkeit das vollkommenste Genüge zu leisten und die Segnungen
des Friedens Unsern Völkern zu erhalten, die glücklich wiederhergestell¬
ten friedlichen Verhältnisse allenthalben zu befestigen und zu erwarten,
ob die durch diesen Frieden herbeigeführten wesentlichen Veränderungen
im Deutschen Reiche es Uns ferner möglich machen würden, den nach
der kaiserlichen Wahlkapitulation Uns als Reichsoberhaupt obliegenden
schweren Pflichten genugzutun. Die Folgerungen, welche mehreren Ar¬
tikeln des preßburger Friedens gleich nach dessen Bekanntmachung und
bis jetzt gegeben worden, und die allgemein bekannten Ereignisse, welche
darauf im Deutschen Reiche statthatten, haben Uns aber die Überzeugung
gewährt, daß es unter den eingetretenen Umstanden unmöglich sein
werde, die durch den Wahlvertrag eingegangenen Verpflichtungen fer¬
ner zu erfüllen- und wenn noch der Fall übrig blieb, daß sich nach för-
berfamer Beseitigung eingetretener politischer Verwicklungen ein ver¬
änderter Stand ergeben dürfte, so hat gleichwohl die am 12. Juli zu
Paris unterzeichnete und seitdem von den betreffenden Teilen geneh¬
migte Übereinkunft mehrerer vorzüglichen Stände zu ihrer gänzlichen
Trennung von dem Reiche und ihrer Vereinigung zu einer besonderen
Konföderation die gehegte (Erwartung vollends vernichtet.
Bei der hierdurch vollendeten Überzeugung von der gänzlichen Un-
möglichkeit,diepflichtenUnfereskaiserlichenAmtes'län-
gerzu erfüllen, sind wir es Unsern Grundsätzen und unserer würde
schuldig, auf eine Krone zu verzichten, welche nur so lange wert
in Unsern Rügen haben konnte, als wir dem von Kurfürsten und Stän¬
den und übrigen Angehörigen des Deutschen Reiches Uns bezeigten Zu¬
trauen zu entsprechen und den übernommenen Obliegenheiten ein Genüge
zu leisten imstande waren.
wir erklären demnach durch Gegenwärtiges, daß wir das Band, wel¬
ches Uns bis jetzt an den Staatskörper des Deutschen Reichs gebunden
hat, als gelöst ansehen; daß wir das reichsoberhauptliche Amt und
würde durch die Vereinigung der konferierten rheinischen Stände als
erloschen und Uns dadurch von allen übernommenen pflichten gegen das
Deutsche Reich losgezählt betrachten und die von wegen desselben bis
jetzt getragene Kaiserkrone und geführte Kaiserliche Regierung, wie
hiermit geschieht, niederlegen.
Wien, den 6. August im Jahre 1806. Franz.
1 Ghilannq, Diplomatisches Handbuch, 2. Teil, S. 22.