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Erhard Ratdolt machte im Jahre 1482 den ersten Versuch, mathe¬
matische und architektonische Figureu durch die Presse zu verviel¬
fältigen, und Erhard Ogliu erfand die Kuust des Notendrucks mit
beweglichen Lettern.
Während so in Deutschland ein fröhliches Schaffen sich Bahn
brach, verbreiteten deutsche Trucker die neue Kuust nach Subiaco
nnd Rom, nach Siena, Venedig, Foligno, Pernsia, Modena, Aseoli,
Urbino, Neapel. Messina und Palermo. Bis znin Ende des fünf¬
zehnten Jahrhunderts traf man in Italien über hundert deutsche
Buchdruckereieu an. Einem deutschen Meister verdankt Italien die
erste mit den Erläuterungen Cristoforo Landinos im Jahre 1481
erschienene ^li:sgabe von Tautes göttlicher Komödie, deren mit
reichen Miniaturen und Raudarabeskeu geschmücktes Tedikatious-
exemplar noch heute eine Zierde der Magliabechischen Bibliothek in
Florenz bildet.
Eine fast ebenso rasche Verbreitung wie in Italien fand die
Bnchdruckerknnst durch deutsche Meister in Frankreich und Spanien.
In Spanien belief sich die Zahl der deutschen Truckereibesitzer bis
etwa zum Jahre 1500 auf mehr als dreißig, die in Valencia,
Saragossa, Sevilla, Barcelona, Tolosa, Salamanca, Burgos und in
anderen Städten nach dem Zeugnisse Lope de Vegas als „Waffen¬
schmiede der Bildung" thätig waren. Ter Nürnberger Arzt Hie-,
ronymus Münzer, der im Jahre 1494—1495 die pyrenüische Halb¬
insel bereiste und über seinen dortigen Verkehr mit vielen Lands¬
leuten aus Augsburg, Tanzig, Eßlingen, Frankfurt, Stettin, Mer¬
gentheim, Waiblingen berichtet, fand selbst in dem erst zwei Jahre
vorher von der arabischen Herrschaft befreiten und noch von Arabern
bewohnten Granada drei Buchdrucker ans Straßburg, Speier und
Gerleshofeu.
Zwei andere Buchdrucker aus Nördlingen und Straßburg ließen
sich auf der ungesunden afrikanischen Insel St. Thomas nieder.
Unter den vielen deutschen Buchdruckern in Portugal wurde Valentin
Ferdinand im Jahre 1503 zum Schildträger der Königin Leonore
ernannt; alle Drucker erhielten dort durch Tekret des Königs Jo¬
hann II. die Rechte der Edelleute des königlichen Hauses.