Full text: Bilder deutscher Kultur und Geschichte

und daß die Schreiberin eines benachbarten Nonnenklosters ein 
ganzes Bnch mit einer einzigen Feder geschrieben hatte, sondern 
auch, daß der Töpfer gestorben war, der im Lande zuerst thönernes 
Geschirr mit Glas umkleidete, und daß ein Meister einen kostbaren 
Käsig um dreißig Pfund Silber für den Vogel des Königs ver¬ 
kauft habe. Und er sah mit Erstaunen auf die Arbeit der Berg¬ 
leute aus Goslar, welche in das Land gerufen waren, um den 
Stein zu sprengen, auf dem eine feste Raubburg stand, und er 
vernahm von den Fremden, daß der Böhmenkönig steinreich werden 
müsse, deim er hatte 60000 deutsche Bergleute, die ihm in Körben 
Gold und Silber aus den Schachten trugen. 
Daß die Handwerker sich stolz in ihrer Kunst fühlten, sah man 
schon auf der Straße an den Häusern, wo ihre Jnnungsstuben 
waren. Tenn sie hatten, wie die Geschlechter, ein schönes Wappen 
drangemalt. Das hatten sie sich selbst gesetzt nach alter Über¬ 
lieferung, vor anderen die Schmiede, welche Hammer und Zange 
in einem Schild führten, nach dem Sagenhelden ihres Handwerks, 
dem Witege, dem Sohn Wilands des Schmiedes, oder es war 
ihnen neulich gar von einem deutschen König verliehen worden, 
weil sie ihm tapfer beigestanden; so sahen die Weißbäcker freudig 
aus ihre gekrönte Brezel, denn sie wurde von zwei schreitenden 
Löwen gehalten, welche in den anderen Branken ein Schwert 
hielten, und war ihnen von Kaiser Karl IV. wegen ihres Löwen¬ 
mutes zugeteilt worden. 
Hundert Geräte und Erfindungen, die wir noch heute gebrauchen, 
waren auf dem Stadtmarkt des vierzehnten Jahrhunderts feil, und 
hundert andere Formen des Schmucks, der Kleidung und des Haus¬ 
rats, die uns fremd geworden sind und die wir erst deuten müssen. 
Und wer damals vom Lande kam, der staunte über die Pracht 
und Fülle begehrungswerter Tinge und fühlte tief den Zauber des 
Geldes. Aber das Wertvollste war auch damals in dunkelen Stuben 
und Gewölben der großen Kaufherren in eisernen Truhen und 
hinter festem Verschluß aufbewahrt. Und wer den Reichtum und 
Wert der ^tadt für den friedlichen Verkehr der Nationen ermessen 
wollte, der mußte die Waren da suchen, wo sie unscheinbar in Hülle 
Bilder deutscher Kultur und Geschichte. r
	        
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