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entrückt, der Raum beschränkt; es bedurfte nur noch eiues Schrittes,
um auch die Thüren zu verschließen. Noch nachteiliger wirkte von
vornherein die Anordnung, daß es vom Richter abhing, die Ge¬
richtssitzungen abwechselnd da oder dort abzuhalten. Bei der Un¬
gewißheit über Ort und Zeit der Sitzungen wohnten nur noch
wenige Nichtbeteiligte denselben bei. Bestand einmal das schriftliche
Verfahren, so kam man, um den Gerichtsgang nicht noch schleppen¬
der und langwieriger werden zu lassen, bald dazu, Referenten und
Kommifsarien anzustellen, welche allein die Zengen vernahmen und
allein die Akten lasen, da dies für die Gesamtheit der Richter viel
zu zeitraubend geworden wäre.
Tas Emporkommen des römischen Rechts vollendete die Um¬
wandlung. Es war dies allerdings insofern ein Fortschritt, als
nunmehr ein festes Recht bestand nnd zwar das eines gebildeten
Volkes. Dafür hatte man aber ein in fremder Sprache abgefaßtes,
unter ganz verschiedenen Verhältnissen entstandenes, ein für ein
anderes Volk verfaßtes Recht. So ging denn das altgermanische
Gerichtsverfahren allmählich völlig unter. Statt einer Reform des¬
selben nahm man, wie Maurer sagt, „jenes Unding von bloß
schriftlichem nnd heimlichem, aus Vorschriften des römischen unb
kanonischen und einigen schwachen Resten des altgermanischen Rechts
zusammengeflicktem Verfahren an, ein wahres Meisterstück zur Tötung
alles Volks- und Nationalgeistes, das Grab aller wahren Gründ¬
lichkeit und aller geistigeren Rechtspflege, die Quelle des Geschäfts¬
schlendrians und Pedantismus, wozu das ewige Aktenlesen und
Aktenabschreiben, was doch das Aktenextrahieren gewöhnlich nur ist,
notwendig führen mußte und bis zur Neuzeit herab sogar die sonst
talentvollsten und thätigsten Beamten geführt hat."
Der deutsche Haudel und der Reichtum der
deutschen Städtezur Zeit der Hansa.
Von I. I a n I f e n. Aus: Teutsches Lesebuch von Professor Dr. I. Hense.
Freiburq im Breisgau 1889.
Neben bett Hanbwerkerzünften bestauben überall in bett Stabten
gesonderte kaufmännische Innungen, welche ebenfalls eine dauernde,