Schauspiele. 1025
Erfindung und charakteristischen Bemalung leinener
Masken. Freilich entbehrte die griech. Schauspiel¬
kunst durch ihren Gebrauch den feinen Ausdruck
des Gefühls und das lebendige, beredte Mienen-
spiel; allein wenn man den großen Raum der
griechischen Theater berücksichtigt, welcher wohl
ein vernehmliches Hören, gewiß aber kein deut¬
liches Schauen gestattete, so überzeugt man sich,
daß die Maske der mimischen Kunst und ihrer
Ausbildung eben keinen großen Schaden bringen
konnte. Ob die Masken, wie die Alten angeben,
die Stimme der Schauspieler zu verstärken ge¬
eignet waren, mag Hier unbesprochen bleiben.
Bon der griechischen Bühne ging die Maske auch
auf die römische über. Die kunstvollere Theater-
maske Hatte Aischylos seinen Schauspielern gege¬
ben. Sie bedeckte nicht nur das Antlitz, sondern
2 den ganzen Kopf. — Auch die Farbe des Haupt¬
haars Hatte ihre feststehenden Unterschiede. Jnnge
Personen und Göttinnen hatten blondes Haar und
blaue Augen; das reifere Alter und Götter schwarz¬
braunes Haar, das Greiseualter bleiches, die
Götter der Unterwelt schwarzes Haar. Auf der
Stirn der Personen, welche mit Würde angethan
erscheinen sollten, erhob sich das Haar und fiel
dann zu beiden Seiten in Locken über den Nacken
Herab. Der Bart war dicht und breit geformt.
Die Bildung der Masken und des Haars für die
CHorenten war der gewöhnlichen Natur und Sitte
nachgebildet; im Satqrspiele trug der Chor Sathr-
und Silenmasken. Die Masken der altern Ko¬
mödie stellten die Personen nach dem wirklichen
Leben dar, nur waren dieselben, sowie das ganze
Kostüm, ins Lächerliche gezogen. Wenn der Chor
eine Schaar von Männern oder Frauen vorstellte,
so trug er natürlich Masten von menschlicher Ge¬
sichtsbildung , wenn anch mit komischer Uebertrei¬
bung und Ueberladung. Aber auch da, wo die
Komödie einen Chor von Thieren vorführte,
mußte sie an ihm die menschliche Gestalt beibe¬
halten; die Kostümirung konnte sich meist nur auf
die Maske erstrecken. So hatte der Chor der
Frösche bei Aristophanes enge froschfarbige Klei¬
der, welche die menschliche Gestalt gar nicht ver¬
bargen, nnd nur eine Maske mit einem weit ans-
3 gesperrten Maule. In de» Vögel» waren die
Masken mit große» Schnäbeln, mit Federbnschen,
Kämmen und Kinnlappen, eine jede nach des
Vogels Art, versehen. Die neuere Komödie da¬
gegen, welche das Privatleben parodirte, hatte
eine ganze Reihe von Charaktermasken. Die Masken
waren, wie bereits erwähnt worden ist, von der
griechischen Bühne auf die römische übergegangen.
Bei Plantus finden sich noch keine Masken er¬
wähnt, erst bei Terenz kommen sie vor als eine
Nachahmung der griechischen Sitte, und sie er¬
hielten sich auf der römischen Bühne bis in die
spätesten Zeiten. Den Nachtheil, welchen die
Maske der Mimik brachte, scheinen die Römer
wohl erkannt zu haben, daher sie ihre Schauspieler
zuweilen nöthigten, um das Mienenspiel besser
beobachten zu können, die Masken abzulegen.
Der griechische Schauspieler mußte in Gesang und
richtiger Deklamation eine gute Vorbildung haben,
ehe er daran denken durste, mit Erfolg die Bühne
zu betreten. Auf Deutlichkeit und Richtigkeit des
ganzen Vortrags, besonders der Deelamation,
wurde sehr gesehen, und Hierauf verwendeten sie
Real-Lexikon des class. Alterthums. 5. Aufl.
auch vieles Studium. Dies ergibt sich aus allen
Nachrichten und Andeutungen über ihre künstle¬
rische Disciplin und Schulzeit und aus der That¬
sache, daß Redner, wie Demosthenes, bei Schau¬
spielern in die Schule gingen. Auch bedurften
sie eine nicht gewöhnliche Kraft und Treue des
Gedächtnisses, welches sie in einen vollkommenen
Besitz der tragischen Literatur setzte. In der frü¬
heren Zeit traten die Dichter selbst als Schau¬
spieler in ihren Stücken auf. Mit Sophokles
aber, der noch einige Male in seinen Stücken
gespielt haben soll, hörte diese Sitte ans, und die
Dichter erhielten nun drei Schauspieler, die durch
das Loos gewählt und geprüft wurden, ob sie die
erforderlichen Talente, namentlich die nöthige
Stärke der Stimme, besäßen. Ein Schauspieler,
welcher gefallen hatte, wurde keiner zweiten Prü¬
fung unterworfen, sondern konnte ohne weiteres
von den Dichtern zur Aufführung ihrer Stücke
gewählt werden. Daher kam es, daß die meisten
Dichter ihre bestimmten Hanptfchanfpieler hatten,
denen sie die ersten und vorzüglichsten Rollen in
ihren Stücken zutheilten, auch wol schon bei deren
Ausarbeitung auf die Talente derselben Rücksicht
nahmen. Der Stand der Schauspieler war in
Athen und Griechenland geachtet; nicht selten
ehrte man ihre Leistungen durch Denkmäler und
Inschriften und gebrauchte sie selbst zu nicht un¬
wichtigen Staatsgefchästen. Bei den Römern waren
die Schauspieler (liistriones, auch tragoedi und
comoedi, actores, artifices und mit einem weni¬
ger ehrenvollen Namen ludii und ludiones ge¬
nannt) gewöhnlich in eine Truppe (grex, caterva)
vereinigt, welche der actor primarum partium,
der Hauptschauspieler, als dominus gregis diri-
girte. Die untergeordneten Schauspieler hießen
gregales, auch wurden sie nach ihrem Director
benannt, z. B. grex Roscianus. Mit dem Di¬
rector schloß der curator ludorum einen Contract,
welcher die Zeit und das Honorar des Spiels
bestimmte. Waren die Schauspieler Sklaven, so
erhielt ihr Herr das Geld; waren es freie Leute,
so bekamen sie es. Zu dem bestimmten Honorar
kamen noch außerordentliche Geschenke (corollaria,
donationes). Die Vertheilung der Rollen besorgte
entweder der Dichter oder der Director nach den
Fähigkeiten eines jeden einzelnen. Weibliche Rollen
wurden auf dem römischen Theater gleichfalls von
Männern gespielt, erst unter ben Kaisern traten
Fraueuzimmeif auf; bie Zahl ber auftretenben
Schauspieler richtete sich nach bem Inhalte bes
Stücks. Ihr Kostüm war, je nachdem der Stoff
ein römischer oder ein griechischer war, entweder
der römischen oder griechischen Sitte nachgebildet.
Um die Ausbildung der Schauspielkunst zu för¬
dern, hielten Meister der Knust, die in Cicero's
Zeit ihre höchste Blüte gehabt zu haben scheint,
besondere Schulen. Die Schauspieler waren meist
Sklaven oder Freigelassene. Ihr Stand war eben
nicht geachtet, und ihre Sitten werden gewöhnlich
als locker und leichtfertig geschildert. Ueber die
Schauspieler der Atellanen s. Atellanae fabu-
lae. Ueber das Theaterpublicum in Athen und
Rom f. Theatrou am Schlüsse, im allgemeinen
über das griechische Theaterwefeu Bernhardt),
Grundriß der griech. Litteratur II, 2, S. 81 ff.,
über das römische Frieblauber in Beckers Hanb-
buch ber nun. Alterth. B. IV, S. 523 ff.
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