Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Kadmos — KaxwäLg. 
1 Kadmos, KäSiiog, l) Sohn des phoinikischen 
Königs Agenor und der Telephaffa, Bruder der 
Europa, des Phoinix und Kilix. Als Europa 
vou Zeus geraubt worden war, sandte Agenor 
seine Söhne aus, sie zu suchen, mit dem Befehle, 
nicht eher zurückzukehreu, bis sie die Schwester 
gefunden. Kadmos, von seiner Mutter Tele- 
phassa begleitet, kam nach Thrakien, wo diese 
starb- darauf wandte er sich nach Delphoi und 
erhielt das Orakel, von dem Suchen der Schwe¬ 
ster abzustehen, aber einer Knh zu folgen und 
da, wo sie sich niederlege, eine Stcrdt zn grün¬ 
den. In Phokis sand er in der Heerde des Pe- 
lagon eine Kuh, wie sie ihm vom Orakel be¬ 
zeichnet worden war, folgte ihr nach Boiotien 
und gründete an der Stelle, wo sie sich nieder¬ 
legte, die Stadt Theben, deren Bnrg nach ihm 
Kabmeia genannt ward. Als er die Kuh (der 
Erde, der Athene, berrt Zeus) opfern wollte, 
schickte er einige Gefährten zn bn nahen Quelle 
bes Ares, um Wasser zu holen. Diese aber 
wurden von beiu Drachen bes Ares, einem Sohne 
bes Ares unb ber (Demeter) Erinys Tilphosa, 
welcher bie Quelle bewachte, gelobtet, und nun ging 
Kadmos selbst zur Quelle und erschlug den Drachen. 
Die Zähne desselben säete er aus Äthene's Rath, 
und es wuchsen bewaffnete Männer aus denselben 
hervor, welche sich unter einander bekämpften und 
erschlugen bis auf 5: Echion (Schlangenmann), 
Udaios (Bodenmann), Ehthonios (Erdentsprosse¬ 
ner), Pelor oder Peloros (der Riesige), Hyperenor 
(der Uebergewaltige). Diese furchtbaren Erden¬ 
söhne, die ©Partei (Gesäete), waren bie Stamm- 
heroen des thebanischeu Adels, auch nennt sich 
oft das ganze thebanische Volk das Geschlecht der 
Sparten; das Hervorwachsen aus der Erbe aber 
2 bezeichnet bie Autochthouie. Für ben Morb bes 
Drachens mußte Kabmos bent Ares 8 Jahre (ein 
großes Jahr) bienen, und bar nach erhielt er von 
Athene bie Herrschast über Theben, unb Zeus gab 
ihm bie Harmonia (Eintracht), Tochter bes Ares 
unb ber Aphrobite, zur Gemahlin. An ber Hochzeit 
auf ber Kabmeia nahmen alle Götter Theil; 
Kadmos gab ber Harmonia als Brautgeschenk 
ein Gewanb {ninlog) unb ein Halsbanb, bas er 
von Aphrobite ober von Europa erhalten, und 
an beut bas Verberben hing. Ja Samvthrake, 
wo ein Theil ber alten Bewohner Thebens zur 
Zeit der dorischen Wanderung sich niedergelassen 
und thebanische Sagen und Eulle mit ein¬ 
heimischen verbunden hatte, erzählte man, Kad 
mos habe sich hier, nachdem er die sainothraki- 
scheu Weihen empfangen, mit Harmonia ver¬ 
mählt, diese aber sei eine Tochter des Zeus und 
ber Elektra, Schwester des Darbauos unb Jasion. 
Die Kinber bei ber waren: Aiitonoe (Mutter 
des Aktaion), Ino (Mutter des Melikertes), 
Semele (Mutter des Dionysos), Agaue (Mutter 
des Penlhens) und Polydoros. Später zog 
Kadmos mit Harmonia nach Jllyrien, zu ben 
Encheleern, wo er König warb unb bie Herrschaft 
seinem bort geborenen Sohne Jllyrios hinterließ, 
als er, nebst Harmonia in Drachen verwandelt, ins 
3 elysische Gesild einging. — Nack) den erwähnten 
Sagen ist Kadmos ein Phoiniker unb Theben 
eine phoinikische Eolonie, auch machen ihn Einige 
zu einem Aegypler. Indeß ist den ältesten grie¬ 
chischen Pichlern hiervon nichts bekannt; erst He- 
des clasj. AltcithumS. 5. Ausl. 
robot macht ben Kabmos zu einem Tyrier (2, 
49. 1, 2.). Kadmos (der Ordner) war ursprüng¬ 
lich ein thebanischer Gott, gleich dem samothra- 
kischen Hermes-Kadmilos, und erst in späterer 
Zeit, wo man das Bewußtsein einer uralten 
Verbindung Griechenlands mit dem Morgenlande 
hatte und bestrebt war, griech. Gottesdienst und 
griech. Cultur namentlich auf Aegypten unb Phoi- 
nikien zurückzuführen, bitbete sich bie Sage von 
einem ans Phoinikien (ober Aegypten) eingewan- 
berten Kabmos, der fremden Gottesdienst ein¬ 
gesetzt, die Buchstabenschrift, die Bearbeitung des 
Erzes>u. s. w. gelehrt und überhaupt eine höhere 
Cultur eingeführt habe. — 2) Kadmos von 
Milet, vielleicht eilt Zeitgenosse des Hekataios, 
einer der ältesten Logographen (f. Aoyoypcccpoi), 
dessen Existenz Müller in den Fragm. hist. gr. 
überhaupt bezweifelt hat. Er schrieb kttcts Mi- 
ov xcu zr,g olrjg ’Jcovirjg in 4 Büchern, welche 
Schrift Dionys für unecht hielt. 
Käöoi, die Stimmnrnen bei gerichtlichen Ab¬ 
stimmungen, eine für die verurteilenden, die 
andere für die freisprechenden ipfjqooi. Seit 
Enkleides gab es nur Einen xäöog (xadioxog) 
und verschiedene iprjcpot., schwarz und weiß, oder 
ganz und durchlöchert (äzQrjzog und öiazizQvnrj- 
fisvri). 
Kadusier, KcxSovoloi , kriegerische Völkerschaft 
an der Westseite des kaspischen Aieeres, südlich 
vom Araxes in der medischen Provinz Atropa - 
lene, die mit ihren Nachbarn in steter Feind 
schaft lebte. Strab. 12, 507. 514. Arr. 3, 8, 5. 
11, 3. 19, 3. 7. 
Kalkos, Kä'LHog, Fluß in Mysien, j. Ak Sn 
ober Bokhair, entspringt am Fuße des Temnos 
in ber Landschaft Tenthrania, nimmt bei, Mysios 
unb Ketios auf und fällt, nachdem er bei Per- 
gamos die Frnchlebene zu Kuixov nsöi’ov durch¬ 
strömt hat, in den Meerbusen vou Elaia. IIdt. 
G, 28. Xen. Avab. 7. 8, 8. Arr. 5, (1, 4. 7. Sir ab. 
13, GIG. 
Kiiineiis, Kaivtvg, S. bes Elalos unb ber 
Hippeia, Vater bes Koronos, ein Lapithe ans 
Gortyn in Aiagnefia (Jl. 2, 746. Apoll. Mwd. 
l, 57 ff.). Er sollte ursprünglich eine Jungfrau 
Namens Kainis (Caeuis) gewesen unb von Po¬ 
seibon ans ihre Bitten in einen Mann verwanbelt 
nnd nnverwnndbar gemacht worden sein. (h. mei. 
12, 172 fs. I erg. A. 6, 447. Er nahm Theil 
an der kalydoiiischen Eberjagd nnd am ArgonüU' 
tenziige. In dem Kampfe der Lapithen mit ben 
Kentauren anf ber Hochzeit bes Peirithoos würbe 
er von ben Kentauren gelobtet, in bent sie wegen 
seiner Unverwunbbarkeil ihn durch eine Masse 
über ihn geworfener Bäume in bie Erbe versenk¬ 
ten ; ober er warb in einen Vogel verwanbelt. 
Ov. met. 12, 459 ff. 
KtiscatOis bezeichnet im juristischen Sinne l) 
schlechte Behandlung ber Eltern unb Aboptio¬ 
eltern von Seiten ber Kinber burch Worte ober 
Schlüge, Versagung ber Subsistenzmittel (von 
welcher Pflicht nur uneheliche Kinber frei waren), 
Nichterweisnng ber letzten Ehre; 2) Mishanblnng 
ber Frau von Seiten bes Mannes (auch eheliche 
Untreue gehört wol hiehex:); 3) pflichtwidrige Be- 
hanblung ber Epiklereu von Seiten ihres Mannes 
ober der zu ihrer Verheirathmig nnd Ausstattung 
verpflichteten Anverwandten (f. Erbrecht, 2.;; 
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