Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Karyai — Kassander. 
Schleuderer und auch wol Griechen (4000 M. im 
Heere Hannibals bei Zama). Da Karthago ein 
reicher Handelsstaat war, so besaß es die Mittel, 
zahlreiche Söldner zu werbe», ohne das Blut 
seiner Bürger zu vergeuden. Der Gebrauch vou 
Elephanten war in ihren Heeren sehr verbreitet. 
— Die Seemacht war ausgezeichnet. Der Kriegs¬ 
hafen Kothon konnte über 200 Kriegsschiffe fassen, 
große Vorräthe waren stets bereit, wenn eine 
Flotte ausgerüstet werden sollte. Ihre Schiffe 
zeichneten sich aus durch Schnelligkeit im Rudern. 
Zur Zeit der punischen Kriege hatten sie Flotten 
von mehr als 300 Schiffen. Als Handelsvolk 
waren natürlich die Karthager mit dem Seewesen 
wohl bekannt; ihre Jugend wuchs gleichsam anf 
dem Meere auf. — Die Unterhaltung der Kriegs¬ 
macht bestritt Karthago ans den reichen Abgaben 
der unterworfenen Länder; die Tribute der Libyer, 
die Zölle der Seestädte, die Einkünfte aus deu 
Bergwerken, der Ertrag vou Ländereien bildeten 
die Hauptquelle ihrer Einnahmen. Diese waren 
bisweilen sehr bedeutend und reichten doch nicht 
immer für das Bedürfniß aus, daher den Unter¬ 
thanen, welche die Hauptstadt fast erhalten mu߬ 
ten, neue Lasten bis zur äußersten Härte aufge¬ 
bürdet wurden. Karthago selbst wurde reich durch 
seinen nach allen Gegenden hin verbreiteten Handel. 
Mittelpuncte des Handels waren außer Afrika 
noch Hispanicn und Sicilieu; außerdem handelten 
sie nach Gallien, Sardinien, Lignrien, selbst nach 
Britannien und den Inseln an der afrikanischen 
Westküste, was ihre Seefahrten nnd Enldcckuiigs- 
reisen beweisen. Zu Lande zogen Karawanen tief 
nach Afrika hinein. Sklaven, Elfenbein, Gold 
ans dem Innern Afrika's, Silber aus Hispanien, 
Wachs aus Corsica, baumwollene Zeuge ans Me- 
lita oder Malta, Wein vou deu Balearen, Del 
und Wein aus Sicilieu waren, um nur einige 
zu nennen, Gegenstände eines lebhaften Handels¬ 
verkehrs. — Die Karthager erscheinen als ein 
wenig zugängliches und verschlossenes Volk und 
nicht frei von Mistrauen, ganz in der Weise der 
stammverwandten Phoinikier, dabei geneigt zur 
Grausamkeit und Härte. — Trotz ihrer Neigung 
zum Handel und Gewinn fand sich doch auch eine 
Litteratur bei ihnen, welche wir indeß nur aus 
spärlichen Notizen bei griechischen und römischen 
Schriftstellern kennen. Hanno s Periplus existirt 
nur noch in einer griechischen Ueberfetzung; die 
Handelsverträge mit Rom desgleichen bei Poly¬ 
bios; Mago schrieb ein Werk über Ackerbau, wo¬ 
von nur wenige Bruchstücke vorhanden sind, alles 
Andere ist verloren gegangen. Außerdem haben 
wir noch im Pönulns des Plautus einige Reste 
der panischen Sprache, sowie viele erst neuerdings 
entdeckte Inschriften. Was wir von Karthago's 
Geschichte uni) Zuständen wissen, verdanken wir 
Griechen und Römern. Vgl. Bötticher, Geschichte 
der Karthager (1827). Münter, Religion der 
Karthager (1821). Mo mm seil, röm. Geschichte, 
Bd. 1, 3. Buch, 1. Cap. — Als ihre wichtigste 
Colonie und ihr Hanptwassenplatz in Hispanien 
erscheint Neukarthago, C ar tliago nova, 
Stadt im tarraeonensischen Hispanien unweit der 
Grenze von Bätica ant Mittelmeer, j. Cartagena, 
erbaut vom Karthager Hasdrnbal 227 v. C., 210 
von den Römern (Scipio) genommen und coloni- 
sirt. Sowol die seste Lage als auch der gute 
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Hafen, der Handel und die benachbarten Silber¬ 
gruben verliehen der Stadt große Bedeutung. 
Hier refidirte (neben Tarraco) der römische Prätor 
für Hispania Tarraconcnsis. Liv. 26, 42 ff. 28, 17. 
Karyai, Kccgvai, l) wichtige, urspr. zu Arka¬ 
dien gehörige Grenzstadt Lakoniens an der ar¬ 
kadischen Grenze mit einem berühmten Tempel der 
Artemis und der Nymphen, in dem die lakoni¬ 
schen Jungfrauen jährlich eigenthümliche Tänze 
aufführten. Es war 369 von den Spartanern 
abgefallen und wurde 367 vou Archidamos wieder 
erobert und hart gezüchtigt. Thue. 5, 55. Xen. 
Hell. 6, 5, 25. 27. 7, 1,28. — 2) Ort Arkadiens 
im Gebiete von Pheneos. 
Karyainla, KkqvuvScc, Stadt Karicns auf 
einer mit dem Festlande verbundenen Insel, j. 
Karakojan, Geburtsort des Geographen Skylax. 
Hdt. 4, 41. Strnb. 14, 658. 
Karystos, Kugvoiog, Stadt au der Südspitze 
Enboia's, unterhalb des Berges Ocha, schon von 
Homer (II. 2, 539.) erwähnt; die Stadt wurde 
490 von den Persern zur Unterwerfung genöthigt 
und stand ihnen auch in der Schlacht bei Salamis 
bei. 467 wurde sie von Athen bekriegt. Nachher 
ist sie als Handelsplatz bedeutend geworden. Jetzt 
Karysto. In der Nähe wurde ein weißer, mit 
grünlichen Streifen durchzogener Marmor (Ga¬ 
ry sti um m.), der in der Kaiserzeit viel verwendet 
wurde, gesunden. Hdt. 6, 99. 8, 66. 112. und ö. 
Time. 1, 98. 
Kassander, KctooavdQog, Cassander, ein Sohn 
des Antipater, ein Man» von ungestümem, auf¬ 
fahrendem Charakter und rücksichtslosem Ehrgeiz. 
Er wurde 355 v. E. geboren und blieb, als 
Alexander den Zug nach Persien antrat, bei sei¬ 
nem Vater in Makedonien. Erst im I. 323 sinden 
wir ihn in Babylon, zur Vertheidigung seines 
Vaters, der bei Alexander verleumdet war, dahin 
gesandt. Sein heftiges Wesen verletzte den König. 
Flut. Alex. 74. Nach dem Tode desselben wurde 
er im I 321 Chiliarch des Antigonos. kehrte 
aber 319 nach Makedonien zurück, um die Reichs- 
verweserschast, die sein sterbender Vater dem grei¬ 
sen Polysperchon übertragen hatte, zu gewinnen, 
wobei Antigonos ihn unterstützte, so daß Kalan¬ 
der sich (318) in Griechenland festsetzte (Pint. 
Tlioc. 31.) und von der Königin Eurydike mit 
der Reichsverweserwürde bekleidet wurde. Doch 
Polysperchon gewann im I. 317 im Bunde mit 
der Olympias gegen Eurydike und ihren Gemahl 
Philipp Arrhidaios die Oberhand, letztere beide 
fielen durch Meuchelmord; da erschien Kassander 
plötzlich aus Griechenland, gewann die Soldaten 
des Polysperchon, nahm die Olympias, Alexanders 
Gemahlin Roxane nebst ihrem kleinen Sohne 
Alexander, und Alexanders des Gr. Schwester, 
Thessalonike, gefangen, ließ die erste hinrichten, 
die beiden andern einkerkern und heirathete die 
Thessalonike (316). Daraus ging er wieder nach 
Griechenland, wo er Theben ausbaute, kehrte dann 
nach Makedonien zurück und schloß sich dem Bunde 
mehrerer Feldherren gegen Antigonos au. Nach 
Wiederherstellung des Friedens im I. 311 ließ 
Kassander, statt für den Sohn der Roxane Make¬ 
donien zu verwalten, diesen nebst seiner Mutter 
ermorde». Diod. Sic. 20, 26 ff. Den einzigen 
nun noch lebenden Sohn Alexanders, den Herakles, 
ließ Polysperchon anfangs beschütze», dann aber,
	        
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